Music

Laloki: „Ich hab eine Muse“

Die Singer/Songwriterin über ihr Debütalbum „Lost Places“.
Autor: Manuel Kurzmann
6 min readveröffentlicht am
Laloki_01

Laloki_01

© Christopher Klettermeyer

Moa Janes hat eine spannende Geschichte.
Aufgewachsen ist sie auf der schwedischen Wolfsinsel Vargön. Mit Sieben begann ihre Reise über Hamburg nach Graz, wo ihr Vater einen Job angenommen hatte. Sie lernte Geige zu spielen, merkte aber schnell, dass das Singen ihr viel mehr Vergnügen bereitete. Die skandinavischen Melodien ihrer Kindheit sollten übrigens ein prägender Einfluss auf ihre Musik werden.
In Graz absolvierte Sie eine Ausbildung als Grafikerin, nach ihrem Umzug nach Wien studierte sie Gesang und seit kurzer Zeit ist sie auch als Radiomoderatorin tätig.
Das alles wird aber von der Tatsache in den Schatten gestellt, dass sie unter ihrem Künstlernamen Laloki Anfang November „Lost Places“ veröffentlicht hat – ein Album, das so bezaubernd ist, wie der Herbst in seinen besten Tagen.
Nun ja, jetzt wird es etwas peinlich für mich……
Im Pressetext wird Laloki als „schwedische Singer/Songwriterin“ bezeichnet. Ich habe das während der Interview-Vorbereitung nie hinterfragt, auch weil Laloki‘s Songtexte in puncto Tonalität und Wortwahl in gekonntem, und nicht dem hierzulande oft gehörten, hatscherten Englisch daherkommen (Eh schon wissen: Schweden = tolles Englisch, weil schwedisches Fernsehen = Englisch, das schwedische Schulwesen = generell besser...).
Jedenfalls war mein Gedanke: Moa wird wohl kürzlich aus Studiengründen nach Österreich gezogen sein und vermutlich gar nicht fließend Deutsch sprechen. Also habe ich sie beim Termin im Café Espresso auf Englisch begrüßt und natürlich betont, dass wir das Interview auf Englisch machen.
War sie etwas perplex? Ja. Hab ich’s gemerkt? Nö, bzw. erst während des Gesprächs und spätestens nach Itv-Ende, wo wir dann auf Deutsch geswitcht sind, eine Sprache, die sie übrigens wesentlich besser beherrscht als ich. Radiomoderatorin trifft oberösterreichisches Landei. Noch Fragen?
Zur leichteren Verständlichkeit (my English sucks) und mit der freundlichen Genehmigung von Moa habe ich das folgende Gespräch ins Deutsche übersetzt.
Du hast an die 18 Monate an „Lost Places“ gearbeitet. Wie war das Gefühl, als das Album dann endlich draußen war?
Zum einen ist man gespannt, zum anderen fühlt man sich gleichzeitig auch etwas entblößt, weil sich auf einmal jeder seine Meinung zur Musik bilden kann. Das Album ist ja sehr persönlich und autobiografisch: Die Songs, die bisher mir gehört haben, gehören jetzt jedem.
Laloki_Teaser

Laloki_Teaser

© Rothwangl Photography

Wann hast du deine Liebe zur Musik entdeckt?
Schon ganz früh, als Kind. Ich hatte dann Geigenunterricht, bis irgendwann die Lust weg war. Später habe ich wieder mit Musik angefangen und war mit Freunden in einer Band, nur ich wollte halt schnell nicht mehr zu dem singen, was mir andere vorspielten. Ich wollte meine eigene Musik machen, mit eigener Kontrolle. Deshalb hat’s bis zu meinem Debüt-Album so lange gedauert – auch, weil ich vorher studiert habe.
Wie schreibst du Musik? Brauchst dafür ein bestimmtes Feeling als Basis?
Es gab eine Zeit, wo mir genau diese Frage Angst gemacht hat, weil ich dachte, es braucht ein bestimmtes Gefühl zum Schreiben, einen bestimmten Schmerz. Aber im Grunde geht´s ganz einfach um die Tiefe der Emotion. Die kann positiv oder negativ sein, um mich zum Schreiben zu bringen… Außerdem hab ich eine Muse, seine Gefühle inspirieren mich. Spannende Gedanken oder ein bestimmtes Wort in unserer Unterhaltung – daraus entstehen manchmal sogar Songs. Ich beobachte und interessiere mich für die Welt, die Menschen, Liebe. Deshalb ist auch jeder Song von mir emotional.
Wie ist die Zusammenarbeit mit deinem Produzenten Alexander Nefzger entstanden?
Ich habe während des Studiums eher geschrieben als studiert, oft ganze Nächte lang. Der Grund, warum ich Nefzger kontaktiert habe war, dass ich einen Sound wollte, den ich auf die Bühne mitnehmen kann. Ich mochte die Sachen, die er mit Clara Luzia gemacht hat. Er hat sich dann gemeldet und gefragt, ob ich neben den Demo-Sachen noch rohes Material habe und ich mir traue, ihm das zu schicken. Ich habe gesagt: „Ich hab genug Material, um daraus eine gute Platte zu machen“. Er fand, ich hatte da einiges an Selbstvertrauen am Start …und ja, Selbstzweifel helfen einem nicht weiter.
Was hat dir von Anfang an das Gefühl gegeben, dass du mit ihm die richtige Person gefunden hast?
Er ist sehr einfühlsam und gleichzeitig respektvoll – da sind wir uns sehr ähnlich, glaub ich. Wir arbeiten sehr gut zusammen, ergänzen uns im Studio perfekt. Er ist auch derjenige, der alles irgendwie zusammenhält. Ohne ihn wäre dieses Album noch nicht erschienen.
Der Typ mit den Deadlines...
Genau!
Laloki_02

Laloki_02

© Jürgen Leutgeb

Wie viele Songs hast du ihm ganz am Anfang geschickt? Oder waren das eher Skizzen?
An die zehn Songs – und zusätzlich eben noch viele Skizzen, also Sachen, die ich zuhause auf dem Klavier gespielt habe, mit Backings und perkussiven Ideen, auf meinem Küchen-Tisch getrommelt. Manchmal haben auch meine Backing-Chöre die Funktion der Harmonien übernommen und der Song funktionierte ohne instrumentale Umsetzung.
Wie ging’s dann weiter? „Try & Error“-Prinzip?
Wir haben zuerst viel am Klavier gearbeitet. Musikalisch haben wir dann grobe Skizzen gemacht und gemeinsam alles weiter vorangetrieben. Dabei haben wir entschieden, welche Parts wir rausnehmen und welche bleiben. Das alleine hat ein halbes Jahr gedauert.
Hat das "Parts rausnehmen" weh getan?
Ich hab schon gelitten, wenn er wieder mal gesagt hat: „Hey, dieser Part ist zu viel für den Hörer.“ Manche Songs hatten anfangs vier verschiedene Parts, was in der Popmusik ja nicht wirklich üblich ist.
Wann ist ein Song für dich fertig?
Mir ist wichtig, dass alles stimmig & gut klingt, dass der Song das widerspiegelt, was ich fühle. Dazu gehört auch, dass das Arrangement inhaltlich für etwas steht, Geschichten erzählt, wenn auch metaphorisch. Ich bin soundmäßig sehr perfektionistisch, vor allem was die Melodien und die Dramaturgie der Streicher, die Seitenmelodien der Stimme und den Aufbau eines Songs, betrifft. Es ist mir aber egal, ob die gespielten Noten konventionell sind.
War es dir nie wichtig, was andere Leute über deine Musik denken?
Gute Frage.. Wichtig ist, dass man Menschen hat, die an die eigene Musik glauben. Während meines Musikstudiums zum Beispiel war das Andy Manndorff (Komponist und Jazzgitarrist) und später mein Produzent Alexander Nefzger.
Das klingt alles so als ob du sehr darauf achtest, welche Leute du in dein Umfeld lässt...
Ja schon. Aber in guter Gesellschaft bin ich immer gern. Ab und zu gibts dann Phasen, wo ich mich zurückziehe um zu reflektieren, um dann kreativ sein zu können.
Laloki_Cover

Laloki_Cover

© [unknown]

Seit wann bist du in Wien?
Seit 2009. Ich kam zum Studieren hierher, aber es hat auch meine Seele und meinen Kopf befreit. Hier kann ich im Pyjama morgens Semmel kaufen gehen und keiner wird mich schief anschaun.
Gibt es in Wien „Lost Places“, die du gerne besuchst? Oder Orte, die dich einfach inspirieren?
Ich mag alte, verfallene Gebäude. Da mal ich mir dann die Geschichte dazu aus und dabei lässt sich auch die Welt und der Sinn des Daseins in Frage stellen. Am liebsten bin ich aber in der Natur, die inspiriert mich sehr. Ich bin vor allem gerne im Wald, mag die Stille und auch Tiere.
Fährst du deshalb öfter aufs Land, um neue Kraft und Inspiration zu schöpfen?
Im Moment nur in Gedanken, der Botanische Garten ist aber auch ein guter Trost. Meine Inspiration sind aber eher Emotionen und Erfahrungen als Plätze – „Lost Places“ ist ja auch im emotionalen Sinn gemeint, es beschreibt emotionale Orte. Da kann vieles Inspiration sein.