Cristina auf einem Selfie mit dem Hai 'Foggy Eye'
© Cristina Zenato
High Diving

Das Mädchen, das sich in Haie verliebt hat

Auch nach 21 Jahren als oberste Haitrainerin ist Cristina Zenato noch fasziniert von diesen Tieren.
Autor: Brooke Morton
4 min readveröffentlicht am
Als Cristina Zenato sieben Jahre alt war, wollte sie unbedingt Unterwasser-Parkranger werden. „Als Kind kannst du nicht die ganze Zeit im Wasser sein – ständig sagt jemand, dass du rausgehen sollst“, erinnert sie sich. Das Leben ging weiter und sie tauschte ihre Liebe zum Wasser gegen ihre Leidenschaft für Sprachen. Bevor sie ins Hotelgewerbe einstieg, lernte sie fünf davon. Dann war sie im Urlaub auf den Bahamas und machte ihren Tauchschein auf Grand Bahama. Damals erkannte der oberste Haitrainer von UNEXSO, einer Taucheinrichtung auf der Insel, wie entspannt sie mit den Karibischen Riffhaien tauchte. Er motivierte sie, mit den Tieren zu arbeiten. Jetzt ist sie mit 43 seit 21 Jahren oberste Haitrainerin und zeigt jedes Jahr 1800 Tauchern eines der beeindruckendsten Tiere der Welt.
Cristina Zenato

Cristina Zenato

© Cristina Zenato

Fangen wir mal mit den Basics an. Was muss man drauf haben, um die Haie füttern zu können?
Du musst dich unter Wasser wohl fühlen, auch wenn 20 Karibische Riffhaie um dich herum schwimmen. Die stupsen dich auch an, gerade wenn du Futter dabei hast. Für dich muss es in Ordnung sein, wenn dir ein Fisch die Maske wegschlägt. Und du musst guten Auftrieb haben, wenn du ein 18 Pfund schweres Kettenhemd trägst und auf dem Grund läufst. Erst dann kannst du beginnen, eine Beziehung zu den Haien aufzubauen.
Und wie geht das?
Zuerst musst du loslassen. Du kannst einen Hai nicht dazu zwingen, in einen katatonischen Zustand zu gehen [ihn also zum Schlafen zu bringen]. Vergiss also deinen Stolz und die Haie kommen. Sie legen ihren Kopf auf meine Brust, Hände und in meinen Schoß. Da baut sich eine Beziehung auf.
Cristina hat einen guten Draht zu den Haien, die sie füttert.

Cristina hat einen guten Draht zu Haien

© Amanda Cotton

Wie hältst du sie auseinander?
Ich erkenne sie an ihrer Größe, Färbung und bestimmten Kratzern. Grandma ist zum Beispiel sehr groß, sehr breit und hellgrau wie eine alte Frau. Und sie ist sehr langsam.
Du hast ein Video auf YouTube geladen, das zur Sensation wurde.
Welches? Wahrscheinlich meinst du den Clip mit Foggy Eye. Sie hat ein blindes Auge – total schwarz, wie das Auge von einem Tigerhai. Sie wollte nicht berührt werden. Doch eines Tages kam sie mit einem Haken in der Haut, den ich dann entfernte. Das war an einem Montag. Auch am Dienstag und Mittwoch war ich im Wasser. Sie zeigte sich nicht. Und dann kam der Donnerstag.
Auch das Füttern der Haie gehört zu Cristinas Job

Auch das Füttern der Haie gehört zu Cristinas Job

© Amanda Cotton

Was passierte am Donnerstag?
Sie war plötzlich da und ein Stück Draht hing aus ihrem Mund. Sie kommt auf mich zu und ich streichle sie. Ich versuche, den Haken herauszuziehen. Jedes Mal schwimmt sie wieder weg. Am Ende gehe ich einfach rein. Ich stecke meinen kompletten Arm in ihren Mund. Als sie wegschwimmt, verpasst sie mir einen Klaps mit ihrer Schwanzflosse. Der Clip wurde im Nu weltberühmt. Die Leute verstehen nur nicht, dass es 30 Minuten Arbeit brauchte, bis ich den Haken herausziehen konnte. Und als mich ihr Schwanz schlägt, schwimmt sie einfach nur weg. Mehr nicht. Das sind immer noch wilde Tiere.
Und jetzt?
Foggy Eye ist jetzt ein wirklich verschmuster Hai.
Weil wir gerade von Kuschelhaien sprechen: Ich habe gehört, dass du sie gerne beim Fernsehen streicheln würdest.
Oh ja, das ist wahr. Nur habe ich keinen Fernseher, bei mir wäre es also eher ein Buch.
Cristina hat großen Respekt vor diesen Tieren

Cristina hat großen Respekt vor diesen Tieren

© Amanda Cotton

Was finden die Leute an Haien überraschend?
Haie sind viel schlauer als viele denken. Sie können kommunizieren. Sie zeigen sich gegenseitig den Weg. Ich habe schon viele Haken entfernt und bemerkt, dass Haie auftauchen, die ich noch nie zuvor gesehen habe, und Metall in ihrem Mund haben. Kaum habe ich den Haken entfernt, verschwinden sie und lassen sich nie wieder blicken. Ich kann zwar nicht beweisen, dass sie sich erzählen ‚Hey, da musst du hingehen, wenn du ein Metallstück im Mund stecken hast‘, aber manchmal wirkt es so.
Ich würde sagen, der Discovery Channel und die BBC – die beide Ausschnitte von dir mit den Haien ausgestrahlt haben – lassen uns glauben, dass dein Job ziemlich glamourös ist.
Haha! Mein Tag beginnt damit, dass ich einen 60 Zentimeter langen Futterschlauch mit totem Hering befülle. Ich bin jeden Tag voll mit Innereien und Fischblut – von oben bis unten. Es ist heiß und alles klebt. Meine Haare schauen immer aus wie ein Bienennest. Ich trage kein Makeup und ich habe keine Fingernägel – das Kettenhemd macht sie kaputt.
Ein ganz normaler Arbeitstag für Cristina Zenato

Ein ganz normaler Arbeitstag für Cristina Zenato

© Cristina Zenato

Was bedeutet dein Spruch „shark yourself“?
Das soll bedeuten „bleib stehen und genieß den Moment“. Streck deine Arme aus und bewundere die Tatsache, dass du da mit Futter stehen kannst und die Haie einfach nichts tun, solange du es ihnen nicht anbietest. Ich halte oft an, schließe meine Augen und lasse sie einfach um mich herum schwimmen.
Würdest du deinen Job als Traumjob bezeichnen?
Es ist ein Privileg. Und jetzt sagt mir keiner mehr, dass ich aus dem Wasser gehen soll.