Stefan Bradl beim MotoGP-Rennen in Indien, 2023
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MotoGP

Vom bayerischen Lausbub zum MotoGP-Star: Die Geschichte des Stefan Bradl

Moto2-Weltmeister, 125 Starts in der MotoGP und Aushängeschild des Motorradsports in Deutschland: Stefan Bradl wurde bereits mit Benzin im Blut geboren.
Autor: Philipp Briel
7 min readveröffentlicht am
Im zarten Alter von vier Jahren nahm Stefan Bradl erstmals auf einem Motorrad Platz. Auch wenn sein Vater ihn damals noch festhalten musste war für den gebürtigen Augsburger schnell klar: Das will ich später mal beruflich machen. Und so kam es dann auch.
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Aus Bayern in den Rennzirkus

Als Stefan Bradl am 29. November 1989 das Licht der Welt erblickte, zirkulierte vermutlich bereits der eine oder andere Milliliter Benzin in seinem Blutkreislauf. Immerhin bekam er das Talent bereits in die Wiege gelegt. Ähnlich wie Formel-1-Weltmeister Max Verstappen seine Begeisterung für den Motorsport von seinem Vater Jos erbte, konnte auch Stefan Bradl zu einem erfolgreichen Vater aufblicken.
Immerhin krönte sich Papa Helmut Bradl im Jahr 1991 zum Vizeweltmeister in der 250 ccm-Klasse der Motoradweltmeisterschaft. Der hievte seinen Sohnemann mit vier Jahren in den Sattel seiner Honda QR50 Cross Pocket.
Stefan Bradl und sein Vater, der ehemalige 250ccm-Vizeweltmeister Helmut

Wie der Vater, so der Sohn: Helmut & Stefan Bradl 2014

© Studio Milgaro / DPPI

Obwohl Stefan Bradl damals noch Angst vor dem lauten Dröhnen des Motors hatte, war die Begeisterung für Motorräder und den damit verbundenen Rennsport geweckt. Bis Bradl aber nicht mehr von seinem Vater gestützt werden und allein seine Runden drehen konnte, sollte es noch ein Bisschen dauern. Noch heute gehen Helmut und Stefan Bradl gemeinsam auf Motorrad-Tour über Landsberg nach Füssen oder durch das Altmühltahl.
Stefan bezeichnet sich selbst als bayerischen Lausbub. Jemand, der immer für einen Spaß zu haben ist. Stichwort Spaß: Den hatte Bradl in seiner Schulzeit eher selten. Meist war in der letzten Reihe zu finden.
Stefan Bradl bei Red Bull Highscore, 2023.

Stefan Bradl ist immer für einen Spaß zu haben.

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Als ich zum ersten Mal auf einem Motorrad saß, musste mich Papa noch festhalten!
Eben dort, wo ihn die Lehrerinnen und Lehrer schlecht sehen konnten, während er im Unterricht vom Rennfahren träumte. Deutsch und Englisch – das waren die Fächer, in denen Bradl punkten konnte. Mathematik hingegen… nun ja. Allerdings konnte das den bekennenden Rockmusik-Fan den nicht davon abhalten, im Motorradsport voll durchzustarten und es bis in die Königsklasse MotoGP zu schaffen.
Kicker statt FIFA: Auch in FIFA vor der Konsole gibt Stefan Bradl eine gute Figur ab und zeigt Profi Chihan Yasarlar, wie man Tore knipst.

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Kicker statt FIFA: So revanchiert sich ein Stefan Bradl.

Der MotoGP-Rider Stefan Bradl fegt den FIFA-Profi Chihan Yasarlar mit 10:2 vom Kicker-Tisch.

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Als KTM-Werkspilot auf die Rennstrecke

Erste Rennluft im Motorradsport schnupperte Stefan Bradl in der Internationalen Deutschen Motorradmeisterschaft (IDM), in der er im Jahr 2005 als Werkspilot für KTM in der 125-ccm-Klasse an den Start ging. Dasselbe Jahr übrigens, in dem die deutsche Motorradsport-Legende Ralf Waldmann ihr Comeback in der Superbike-Klasse der IDM gab.
Die erste Saison hinter dem Lenker der KTM 125 FRR des Red Bull ADAC KTM Juniors-Teams hätte für den Augsburger Jung‘ kaum besser laufen können: Gemeinsam mit seinem österreichischen Teamkollegen Michael Ranseder machte das Duo den Kampf um den Sieg der acht Läufe unter sich aus.
Stefan Bradl in San Francisco, 2012, vor seinem Bike.

Die Zukunft hatte Stefan Bradl schon 2012 fest im Blick.

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Drei Rennen gewann Bradl, fünf Ranseder. Aufgrund der besseren Konstanz über die gesamte Saison sicherte sich Stefan Bradl am Ende jedoch die Meisterschaft. Mit nur einem Punkt Vorsprung.
Parallel bestritt der damals 15-jährige seine ersten drei WM-Läufe als Wildcard-Fahrer in der 125-ccm-Klasse der MotoGP und empfahl sich mit starken Leistungen und einem WM-Punkt für einen Platz im darauffolgenden Jahr. So absolvierte er die Saison 2006 für das Red Bull KTM Junior Team.
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In der Moto2 startet Bradl richtig durch

Doch bereits in den frühen Jahren seiner Karriere, wurde Stefan Bradl vom Verletzungspech verfolgt. 2007 sollte er eigentlich für das Repsol Honda Team antreten, erklärte aber im Alter von erst 17 Jahren seinen Rücktritt vom aktiven Rennsport.
Glücklicherweise entschied er sich aber, seine Karriere doch fortzusetzen und unterschrieb einen Vertrag beim Blusens-Aprilia-Team, für das er zunächst in der spanischen 125-ccm-Meisterschaft antrat, als Wildcar-Fahrer aber auch Motorrad-WM-Luft schnuppern konnte.
Alex Hofmann und Stefan Bradl

Alex Hofmann und Stefan Bradl

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In den Rennen auf dem Circuit de Catalunya, in den Niederlanden und bei Bradls Heimrennen am legendären Sachsenring fuhr der Deutsche in die Punkteränge, beim Großen Preis von Portugal schaffte er es sogar auf Platz 6. Am Ende belegte Bradl mit 9 von 17 bestrittenen Rennen Gesamtrang 18, während er die spanische Meisterschaft gewinnen konnte.
Diese Erfolge blieben nicht unentdeckt und so sicherte sich Stefan Bradl bei dem deutschen Team Kiefer einen Platz für die Saison 2008 in der Motorrad-WM der 125-ccm-Klasse. Schon beim Saisonauftakt mit dem Grand Prix von Katar fuhr Bradl auf Anhieb auf das Podium, beim Grand Prix von Deutschland am Sachsenring holte er Platz Zwei und feierte beim Großen Preis von Tschechien seinen ersten Grand-Prix-Sieg. Ein weiterer Sieg in Japan und ein neuer Rekord für die Höchstgeschwindigkeit sollten folgen.
In der Saison 2010 startete das Viessmann Kiefer Racing-Team mit Bradl in der neu gegründeten Moto2-Klasse, die die seit 1949 bestehende 250-cm³-Klasse innerhalb der Motorrad-Weltmeisterschaft ablöste. Auf Anhieb gelang dem Deutschen ein Sieg im portugiesischen Estoril.
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Mit neuem Material zum WM-Titel

Für die Saison 2011 wechselte Viessmann Kiefer Racing das Material. Statt eines Bikes des schweizerischen Herstellers Suter Racing sattelte man auf eine Maschine des deutschen Herstellers Kalex Engineering um.

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Stefan Bradl: What a Day

Ungewohnte Rolle für Stefan: Er wechselt von 2 auf 4 Rädern und geht beim Driften als Fahranfänger auf die Strecke.

Bereits die Testfahrten lieferten vielversprechende Ergebnisse und Bradls Ehrgeiz war geweckt. Gleich das erste Saisonrennen in Katar dominierte Stefan Bradl mit einem Start-Ziel-Sieg, nachdem er von der Pole-Position ins Rennen ging.
Im fünften Rennen, beim Grand Prix von Katalonien, sicherte sich Bradl die fünfte Pole in Folge und fuhr seinen dritten Saisonsieg ein. Und doch sollte es in den verbleibenden Zwölf Meisterschaftsläufen noch einmal spannend werden.
Das lag vor allem daran, dass Bradls größer Konkurrent im Jahr 2011 in der zweiten Saisonhälfte deutlich stärker wurde. Ein gewisser Marc Márquez, der 2011 in der Moto2 debütierte, kämpfte bis zum Saisonende mit Bradl um den Meistertitel. Und sollte den Augsburger seine gesamte Profikarriere lang begleiten.
Marc Marquez und Stefan Bradl bei einem Bundesliga-Spiel zwischen RB Leipzig und dem FC Bayern München in Leipzig, Mai 11, 2019

Marc Márquez und Stefan Bradls Karrieren sind eng miteinander verknüpft.

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Mit dem besseren Ausgang für den Deutschen, der sich mit 274 Punkten, vier Grand-Prix-Siegen und elf Podestplatzierungen am Ende der Saison 2011 zum Moto2-Weltmeister küren konnte. Damit hatte er sein erklärtes Ziel erreicht: Einen Platz besser werden als sein Vater.
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Bradl ist in der MotoGP angekommen

Der Triumpf blieb natürlich auch bei den Teams der Königsklasse MotoGP nicht unentdeckt und so holte LCR den Augsburger für die Saison 2012 in die schnellste Klasse der Motorrad-WM, nachdem er bei Testfahrten auf der LCR Honda RC212V Teameigner Lucio Cecchinello nachhaltig beeindrucken konnte.
Nach leichten Eingewöhnungsschwierigkeiten kommt Bradl immer besser mit dem MotoGP-Bike zurecht und schrammt in Italien mit Platz 4 knapp am Podium vorbei. Am Ende stehen 135 Zähler und Gesamtrang 8 in der Debüt-Saison zu Buche.
Doch schon im Jahr darauf sieht es deutlich besser aus. Im niederländischen Assen startet Stefan Bradl erstmals aus der ersten Reihe, beim Großen Preis der USA in Laguna Seca geht er sogar von der Pole-Position ins Rennen und sichert sich seine erste Podestplatzierung. Am Ende muss er sich nur Marc Márquez geschlagen geben.
Stefan Bradl gibt Autogramme beim MotoGP Rennen am Red Bull Ring 2022.

Sympathisch, bodenständig, witzig: Stefan Bradl ist bei Fans sehr beliebt.

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Katar 2011 war mein am härtesten erkämpfter Sieg. Für mich war eine extreme Druck-Situation, weil ich alle Winter-Tests dominiert habe, alle Trainings und das Qualifying.
Auch 2014 ging Bradl für LCR-Honda an den Start, konnte am Ende die hohen Erwartungen jedoch nicht erfüllen und nicht erneut auf das Podium fahren. So dockte der Augsburger für die Saison 2015 bei Forward Racing an, kam mit dem Material jedoch nicht gut zurecht.
Nach einem Sturz in Assen musste Bradl beim Heimrennen am Sachsenring sogar pausieren. Im Anschluss daran wurde Forward-Chef Giovanni Cuzari verhaftet. Stefan Bradl löste den Vertrag auf und wechselte zu Aprilia Gresini, für das er den weiteren Saisonverlauf und im Jahr 2016 startete.
Da Bradls Vertrag nicht verlängert wurde, wechselte Stefan Bradl mit dem Red Bull Honda World Superbike Team in der Saison 2017 in die FIM-Superbike-Weltmeisterschaft. Gemeinsam mit Teamkollegen Nicky Hayden ging der Deutsche auf einer Honda CBR 1000 SP Fireblade an den Start und holte in 18 Rennen 67 WM-Punkte.
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MotoGP-Rückkehr als Test- und Ersatzfahrer

Nach einem durchwachsenen und erneut von einer Verletzung geplagten Jahr, kehrte Stefan Bradl zur Saison 2018 in die MotoGP zurück, wenn auch nur als Test- und Ersatzfahrer für Honda. Immer wieder durfte Bradl vereinzelt Grand-Prix-Luft schnuppern, während er 2020 fast die gesamte Saison über für den verletzten Marc Márquez einsprang.
Stefan Bradl und Marc Marquez in Jerez, Spanien, 2021.

Egal ob auf der Strecke oder als Ersatz: Stefan Bradl und Marc Marquez.

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Meistens habe ich als Ersatzfahrer den Koffer mit dabei, manchmal ist er auch in der Teamstation in Barcelona, damit wir gut vorbereitet sind und schnell reagieren können, wenn der Fall der Fälle eintritt.
Auch 2023 trat Bradl in insgesamt sechs MotoGP-Rennen für verletzte Kollegen an und kam in sechs Läufen auf insgesamt acht WM-Punkte. Parallel dazu berichtet er als TV-Experte hinter den Kulissen für ServusTV von den MotoGP-Rennen.

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Als ich zum ersten Mal auf einem Motorrad saß, musste mich Papa noch festhalten!

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