Amazing stand 2015 mit Origen im WM-Halbfinale
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“Ohne Origen bin ich frei wie ein Vogel”

Der League of Legends-Profi Amazing im Interview zu Origen, Worlds und der neuen Saison
Autor: Johannes Gorzel
14 min readveröffentlicht am
Die europäische League of Legends-Szene durfte im letzten Jahr stolz auf die Origen-Akteure rund um Maurice „Amazing“ Stückenschneider sein. Das Team schaffte es in einem Jahr von der Challenger Series bis ins Halbfinale der Weltmeisterschaft. 2016 folgte dann jedoch der Absturz und vor kurzem verkündete das Team die Trennung vom deutschen Jungler. Im Gespräch verrät uns Amazing, woran es haperte und wie sich nun sein Blick auf die Zukunft gestaltet.
Wie geht es dir?
Es geht mir gut – nicht nur den Umständen entsprechend! Ich fühle mich nun frei wie ein Vogel.
In dieser Woche wurde deine Trennung von Origen offiziell. Geht mit dieser Freiheit nicht auch eine gewisse Angst um die Risiken der Off-Season einher?
Es besteht natürlich immer ein Risiko, selbst wenn man bereits mit Teams in Vertragsgesprächen steckt. Jede Organisation kann gleichzeitig mit mehreren Spielern Unterhaltungen führen. Das Befreiende ist für mich vor allem, dass ich aus der Origen-Situation raus bin. Besonders das letzte Quartal bedeutete für uns Spieler bei Origen sehr viel Stress. Der Abstand dazu tut mir nun erstmal gut.
Denkst du darüber nach, die Region zu wechseln oder würdest du gerne in Europa bleiben?
Perspektivisch muss ich mir alle Optionen offenhalten, doch ich habe ehrlich gesagt die größten Ambitionen, in der EU LCS zu bleiben und hier den Titel zu holen. Es wäre wahrscheinlich einfacher für mich, in einer anderen Region einzusteigen und dort dann Erfolge zu feiern. Das liegt einfach daran, dass das Niveau in Europa den anderen Regionen, bis auf Südkorea, überlegen ist. Ich möchte weiterhin an meinem Versprechen aus dem letzten Jahr festhalten: Dass ich erst dann zufrieden mit mir bin, sobald ich in dieser Region einen Titel geholt habe und nicht nur Zweitplatzierter wurde.
Dass du Europa so hoch einschätzt ist angesichts der Worlds-Ergebnisse nicht unbedingt naheliegend. Wie bringst du deine These in den Kontext dazu?
Tatsächlich hatte Europa bei den Worlds ein gutes Team mit erfahrenen Spielern weniger. Dadurch, dass Zven und Mithy in der Mid-Season Origen verließen, war der Rest des Teams bestehend aus sOAZ, xPeke und mir nicht fähig, dabei zu sein. Mit uns Dreien ist der Hauptteil der Erfahrung, der aus der vorigen Weltmeisterschaft gewonnen wurde, schlicht verloren gegangen. Bei Fnatic war das mit Huni und ReignOver ja ähnlich. All diese Transfers sorgten einfach dafür, dass die Top-Teams aus der EU LCS einen geringeren Erfahrungsschatz mitbrachten als zuvor.
Ich war während der Worlds selbst auch in Nordamerika und sammelte in der Solo-Queue einige Eindrücke. Obwohl ich dort weit außerhalb meiner Komfortzone spielte, hatte ich eine Win-Rate von 82%, als ich in Master einzog. Die NA-Solo-Queue ist einfach qualitativ unterlegen. Man muss sich nur darauf konzentrieren, was der Gegner tut, denn das ist meist sehr offensichtlich. Dadurch hat man sehr viel Freiheit für eigene Plays und Überraschungspotenzial. Auch die Kommunikation zwischen den Lanes herrscht dort kaum. Ich habe das Gefühl, dass die NA-Spieler nur laut Musik hören und kaum Map-Awareness mitbringen.
Du denkst also, dass Origen sich in diesem Jahr ähnlich wie 2015 geschlagen hätte, wenn man die Bot-Lane behalten hätte können?
Wir hätten ähnlich performt, doch das gleiche Hoch hätten wir wahrscheinlich nicht noch einmal erreicht. Die Qualifikation für die Worlds wäre uns als zweiter Seed durch Punkte aber auf jeden Fall gelungen. In einer Gruppe wie der von H2K hätten wir dann mindestens genauso gut abgeschnitten.
Origen hat im Summer Split versagt. Würdest du deine eigenen Leistungen genauso einordnen?
Ich war zu Beginn des Summer Splits extrem motiviert und hatte die Fähigkeit, das Team hinter mir zu vereinen. Diese Option mussten wir jedoch schnell aufgeben, denn mit FORG1VEN und den restlichen Spielern gab es interne Probleme. Dadurch ging ein großer Teil meiner Bemühungen zu Bruch. Wir haben uns dann erholt, sind besser geworden und konnten uns wieder in Scrims beweisen. Ich selbst habe mich dabei ziemlich gut ins Team eingefügt und die Rolle des primären Shot-Callers übernommen. Das war eine erneute Veränderung, denn zuvor war ich lediglich sekundärer Shot-Caller. Es war eine Last mehr auf meinen Schultern, doch gleichzeitig konnte ich mich gut gegen die anderen Jungler schlagen.
Ich war somit meiner Meinung nach einer der besten Jungler in Europa. Zum Ende der Saison ging das dann alles wieder kaputt, als wir unseren Coach Nicothepico gegen Araneae austauschten. Wir wechselten damit abrupt den Coaching-Stil von einem Facilitating-Coach, der unsere Stärken suchte und einsetzte, zu einem autoritären Coach, der sein Verständnis für das Spiel durchsetzte und von den Spielern verlangte, sich darin einzufügen. Das hat mich als Spieler extrem eingeschränkt.
Als Jungler sieht man in der Regel immer schlechter aus, wenn die Teamkollegen schlecht performen. Denkst du, dass die letzte Saison deinem Marktwert geschadet hat?
Ich glaube, dass diese Saison meinem Marktwert geschadet hat. Gleichzeitig denke ich aber auch, dass viele Teams noch in der Lage sind, meinen wahren Wert für ein anderes Teamgefüge zu evaluieren. Es gibt wenige Spieler, die tatsächlich Schlechtes über mich erzählen könnten – als Kollege und Mitspieler, aber auch als Mensch. Dieser menschliche Aspekt wird im eSport sehr oft übersehen. Dann entstehen Superstar-Teams, in denen Egos aufeinandertreffen und dann nicht funktionieren, weil niemand sich für das Wohl des Teams aufgeben möchte. Ich habe gezeigt, dass ich diese Rolle perfekt spielen kann und gleichzeitig auch flexibel genug bin, um auch eine Carry-Rolle einzunehmen.
Kannst du sicherstellen, dass dein nächstes Team dir die Voraussetzungen bieten wird, die du benötigst, um all das zu zeigen?
Ich werde nie wieder in einer ähnlichen Situation landen wie bei Origen. Inzwischen weiß ich genau, was ich in einem Team will, mit welchen Spielern ich zusammenarbeiten möchte und was für ein Gefüge damit einhergehen sollte. Ich weiß, was nötig ist, damit ich nicht ausbrenne und stattdessen mich auf mein Spiel konzentrieren kann. Ich werde dafür Sorge tragen, dass ich nicht erneut in eine Rolle rutsche, in der ich im Team Sachen organisieren muss, die mich davon abhalten, der beste Spieler zu sein, der ich sein kann.
Was prophezeist du für die Zukunft für Origen unter LeDuck als neuen alten Coach?
Es ist noch völlig unklar, welche Spieler in der kommenden Saison bei Origen spielen werden. Ich gehe davon aus, dass Origen in einer ähnlichen Situation sein wird wie beispielsweise Unicorns of Love. Sie werden vielleicht einen Spieler aus der alten Saison mitnehmen und dann mit jungen ambitionierten Spielern auffüllen. LeDuck, der sehr gut darin ist, mit jungen Spielern zu arbeiten, wird mit ihnen dann ein Spielsystem aufbauen. Ihr Ziel ist dann wahrscheinlich, dass sie hier und dort Siege stehlen und sich damit in die Playoffs schleichen. Ein solches Team spielt meist schneller und aggressiver – gleichzeitig auch unkalkulierter. Das ist gut für die reguläre Saison, doch in den Playoffs versagen solche Teams dann meist.
Team Origen hatte ein schwieriges Jahr 2016

Team Origen hatte ein schwieriges Jahr 2016

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In der nächsten Saison werden erneut große Änderungen am Spiel auf die Profi-Szene zukommen. Was denkst du über die Jungle-Neuerungen?
Ich glaube, dass der Jungle berechenbarer wird, denn die Respawn-Timer wurden hochgesetzt. Nun muss man klug entscheiden: Es wird nicht mehr so stumpf sein, dass man bis Level 6 durchfarmt und dann erst mit dem Rest des Spiels zu interagieren beginnt. Es wird vielmehr so sein, dass man viele Optionen hat. Man hat mehrere Camps, die problematisch zu clearen sind, sodass man entweder auf viel XP geht oder aber auf viele Ganks setzt. Diese Early-Game-Entscheidungen werden sehr große Auswirkungen auf den Verlauf der Matches haben. Ich gehe davon aus, dass ich persönlich von diesen Änderungen profitieren werde.
Welchen Einfluss wird das Assassin-Update auf den Jungle haben?
Ich denke, dass mit einem Assassin-Meta einhergeht, dass man die Mid-Lane feeden muss. In vielen anderen Metas ist es umgekehrt, sodass der Mid-Laner eher den Jungler unterstützt – das war letzte Saison so: Der Jungler sagte an, was er vorhat und der Mid-Laner war mit Ghost und Flash selbst recht safe. Mit dem Assassin-Meta, wenn es so einseitig wird, wie von Vielen prognostiziert, wird der Mid-Laner den Ton angeben. An dem Mid-Laner wird alles abhängen: Holt er einen Lead, so wird das Spiel durch Side-Lane-Pressure schnell vorüber sein. Dafür werden auch die neuen Jungle-Pflanzen verantwortlich sein.

„Without Origen I feel free like a bird“

Amazing made it to Worlds semi-finals 2015

Amazing made it to Worlds semi-finals 2015

© Riot Games

The European League of Legends scene was able to be proud of Origen’s squad surrounding Maurice ‘Amazing’ Stückenschneider last year. The team managed to rise from Challenger Series to semi-finals of the World Championship within one year. 2016 however proved to be the downfall of the lineup already and just recently the separation from the German jungler was announced. In an interview Amazing told us what the hardships during these times were and how he looks at the future.
How are you?
I’m quite fine – not just concerning the circumstances! I feel free like a bird.
This week the separation from Origen was made official. Is this sudden freedom accompanied by a certain fear of the risks lying ahead in the off-season?
Of course there’s always a risk, even when you are already in talks with another team. Every organisation can discuss new contracts with several players at once. The freeing part for me especially is being away from Origen and its situation. The most recent quarter held much stress for me and the players at Origen. The distance to these problems feels good.
Are you thinking of switching your region or would you like to stay in Europe?
From a strategic standpoint I have to keep all possibilities available to me, however my biggest ambitions still lie with the EU LCS and becoming the champion here. It would probably be easier to change my region and become successful there. This is because Europe just plays on a higher level than most other regions, except for South Korea. I want to keep my promise from last year: I will be satisfied with my own performance, as soon as I have the title of EU LCS Champion and not just second.
Considering the regions performance at Worlds, your assessment of Europe seems a little far-fetched. What is your take on this relation?
Actually Europe was one team with experienced players short at Worlds. Because Zven and Mithy had left Origen mid-season, the rest of the team made up of sOAZ, xPeke and me was unable to take part in the tournament. The three of us would have provided a big piece of the experience gained at the last World Championship for Europe, but we weren’t there. It was similar at Fnatic with Huni and ReignOver. All these transfers just caused the top teams of the EU LCS to bring less of the pool of experience available.
I was in NA myself at the time of Worlds and was gathering solo queue impressions. Even though I had moved very far from my comfort zone, I still faced an 82% win-rate as I was hitting Master. The NA solo queue is quality-wise simply inferior. You just have to focus on what your enemy is doing, because most of the time it will be obvious. This creates a great freedom for your own plays and the element of surprise. There is barely any communication between the lanes too. I got the feeling, the NA players are only listening to loud music and have next to no map awareness.
So you think Origen could have performed like it did in 2015 if the bot-lane had not been changed?
We would have performed similar, but we could not have reached the same peak again. The qualification for Worlds, though, was definitely possible as second seed through points. In a group like that of H2k we then would have had a just as good run at least.
Origen failed in the Summer Split. Would you rate your own performance similarly?
At the beginning of the split I was extremely motivated and had the ability to unite the team behind me. This option had to be let go soon however, because there were internal problems with Forg1ven and the rest of the players. Much of my effort was negated by this. We got back on our feet after that, got better and were able to prove this in scrims. For me this was the period, where I got implemented really well into the team and advanced to primary shot-caller. This was again a change for the team, as I before only held the substitute shot-caller position. It was yet another burden on my shoulders, but at the same time I beat the other junglers. According to my opinion I was then one of the best junglers in Europe. At the end of the season this all broke apart yet again, as we switched coaches from Nicothepico to Araneae. The coaching style was changed very abruptly from a facilitating coach, who looks for our strengths and uses them, to an authoritarian coach, who forces his way of the game and demands the players, to follow this. As a player I was extremely restricted by this.
As a jungler you always look worse, when your teammates perform badly. Do you think, the last season hurt your value on the market?
I think it definitely did. At the same time I believe that other teams are able to evaluate my real worth for a different lineup though. There are only very few players, who can actually tell bad stories about me – as both a teammate and a person. This personal aspect of esports is often overlooked. Because of that superstar teams come up, where then egos clash and don’t work with each other, as nobody puts the wellbeing of the team above his own. I have shown to perfectly play this role and be flexible enough at the same time, to take the role of a carry.
Can you be sure, your next team will provide the right requirements in order for you to show all this?
will never again find myself in a similar situation as with Origen. By now I have made up my mind, about what a teams has to offer me, what players I would like to work with and what kind of structure needs to go hand in hand with that. I know what is needed, so I don’t burn out and can instead focus in my game. I will take care of not again being placed in a situation, where I have to take over tasks in the team, which keep me from being the best player I can possibly be.
What is your outlook for Origen under LeDuck as new old coach?
It is still completely unknown, which players will be with Origen in the upcoming season. I assume that Origen will find itself in a similar situation to Unicorns of Love. Maybe the team is going to keep a player from last season and then fill in the gaps with young, ambitioned players. LeDuck is likely to do this and is very good at working with young talents. He will work with them on a system for the game from scratch. Their goal will probably be to steal one or two victories here and there and then sneak into the playoffs. Such a team will often play more aggressive and faster – at the same time less calculated though. This is good for the regular season, but these teams fail in the playoffs more often than not.
2016 was a rough year for Origen

2016 was a rough year for Origen

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The next season will bring many changes in gameplay to the pro-scene. What do you think about the jungle alterations?
I believe the jungle will be more foreseeable, because the respawn timers are being increased. Now you have to make intelligent decisions: It won’t be as blunt, as to farm until level 6 and only then join the rest of the game. You will have so many more options. There are several camps, which are problematic to clear, so you either go full XP or focus on ganks. These early-game decisions will influence the entire game greatly. In my opinion, we will profit from these alterations.
What will the assassin update do for the jungle?
I think the assassin meta will require you to feed the mid-lane. In many other metas it’s different, the mid-laner there is feeding the jungler – it was that way last season: the jungler calls his moves and the mid-laner was relatively safe with Ghost and Flash. If the asassin meta becomes as one dimensional, as many believe, the mid-laner will call the plays. Everything will depend on him: He gets the lead, the game will be over soon due to side-lane pressure. The new jungle plants will play into this too.