Haftbefehls Affen
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Haftbefehls Affen – Der Skandalkompass

Wie sich der Skandal um „Lass die Affen aus'm Zoo“ entwickeln wird.
Autor: Daniel Köhler
3 min readveröffentlicht am
Offenbach bleibt hart. Das dürfte mit dem neuen Video von Haftbefehl nun eine Erkenntnis sein, die auch außerhalb der Rapszene Beachtung finden wird. Und noch mehr: „Lass die Affen aus'm Zoo“ wird eine Reihe von gesellschaftlichen Debatten auslösen. Zumindest steht das so in unserer Redaktionsglaskugel, die bei Haft-Videos mittlerweile rituell aufgebaut wird.
Wir präsentieren: Haftbefehls Affen. Ein Skandalkompass in sechs Teilen.
(Für Prinz Pi-Fans: Norden ist nicht dabei, ihr könnt jetzt aufhören zu lesen.)

Tag 1:

Die Internetkommentatoren übernehmen. Von Ausweisung wie standrechtlicher Erschießung Haftbefehls wird gesprochen, denn schließlich könne man auf diese Darstellung von Gewalt nur so reagieren. Vielen Usern gefällt das. Youtube sperrt das Video vorläufig, der User tijara_37 lädt es wieder hoch. So wie seine Freunde eben auch. Und deren Freunde. Beim Management klingelt das Telefon: die RTL II-News wollen ein Statement. 3Sat Kulturzeit auch. Und Joiz. Es wird herzlich und lange gelacht.

Tag 2:

Die eben erwähnten Freunde, ein Stoßtrupp der Azzlack Hooligans, Sektion Offenbach West, entern den städtischen Zoo und machen sich an den Schließbolzen der Pavian-Pavillons zu schaffen. Die Lokalpresse wird später von einem Sachschaden von 7.500 Euro und zwei flüchtigen Tätern wie Pavianen berichten. Die Klicks sind mittlerweile im mittleren, sechsstelligen Bereich angekommen. Es wird herzlich und lange gelacht.

Tag 3:

Markus Lanz schreit seine Redakteure an. Wie zur Hölle kann man so ein Thema verpassen? Die langsamen Medien steigen ein. Wie wild wildern sie in den Expertendatenbanken, um O-Töne von Gewaltforschern, Sozialpädagogen, Medientheoretikern zu bekommen. Falk Schacht redigiert da schon zum zweiten Mal seinen Artikel über die „Die ästhetische Gewaltdarstellung in Haftbefehls Video im cinematographischen Vergleich frankophoner Millieustudien á la La Haine.“ Unterdessen besiegt Celo seinen Kumpel Abdi beim FIFA zocken.

Tag 4:

Lokal- und Bundespolitiker stellen die Frage nach Kunstfreiheit vs. Mehrheiten- und Jugendschutz. Welche Verantwortung hat ein Künstler? Und vor allem: ein Künstler wie Haftbefehl? Die Vokabel „U-Bahn-Schläger“ erfährt einen fünften Frühling. Betroffene schildern, Experten raten, Kamerateams entern die Schulhöfe Deutschlands, stets auf der Suche nach dem nächsten Gewaltexzess. Sie werden fündig. Wie so oft.

Tag 5:

In einer konzentrierten Azzlack-Nacht-und-Shisha-Nebel-Aktion drehen alle – lies: ALLE – verfügbaren Rapper des Camps das Video zum epochalen, zwanzigminütigen Remix des Songs. Darin fordern sie mehr Tierrechte für alle Tiere: Affen, Tapire, Gnus, Schwalben und Köhler-Schildkröten (google it!). PETA sichert sich einen Exklusivvertrag und veröffentlicht die Plakatkampagne “Kein Haftbefehl für Tiere“ in 20 deutschen Städten. Die dazugehörige App, in der Haftbefehl als Held die Tore zu den Offenbacher Pavian-Pavillions öffnet, verkauft sich wie geschnitten Brot. Es wird herzlich und lange gelacht.

Tag 6:

Haftbefehl veröffentlich seine erste und letzte Botschaft zum Video. Darin weist er, in kompakten 14 Sekunden, auf das Releasedate seines neuen Albums „Russisch Roulette“ hin. Danach beendet er das Videostatement.