Caroline Marks mit dem Siegerpokal.
© Pat Nolan/World Surf League
Surfen

Caroline Marks im Exklusiv-Interview über ihren WSL Weltmeister-Titel

Ihre Rides waren genauso herausragend wie die Atmosphäre in Kalifornien: Die 21-jährige Caroline Marks stahl allen die Show und trug sich als neue Weltmeisterin in die Surf-Geschichtsbücher ein.
Autor: Jen See
7 min readveröffentlicht am
Die junge Surferin Caroline Marks aus Florida krönte sich am vergangenen Samstag zum ersten Mal in ihrer Karriere zur WSL-Weltmeisterin. Vor Freunden und Familie, die gemeinsam mit den zahlreichen Fans den kopfsteingepflasterten Strand in Südkalifornien säumten, sicherte sie sich den Sieg bei den Rip Curl WSL Finals in Lower Trestles in San Clemente.
Wenn ich als kleines Mädchen in mein Tagebuch geschrieben hätte, wie ich gerne einen WM-Titel gewinnen würde, hätte ich es genau so beschrieben.
Caroline Marks auf der Bühne
Caroline Marks und ihre Fans auf Florida am Strand von Lower Trestles in Kalifornien.

Caroline Marks feiert mit ihren Fans aus Florida

© Thiago Diz/World Surf League

Nachdem sie als Drittplatzierte in den Tag gestartet war, besiegte Marks in ihrem ersten Heat des Tages das vierplatzierte kalifornische Supertalent Caitlin Simmers. Mit diesem Sieg sicherte sie sich ein Duell mit der zweitplatzierten australischen Doppelweltmeisterin Tyler Wright und löste damit frühzeitig das Ticket für die Spiele im nächsten Jahr. Nach einem eher gemächlichen Start im Heat gegen Simmers legte Marks im Match-up gegen Wright los wie die Feuerwehr. Marks besiegelte ihren Sieg mit einem herausragenden Neun-Punkte-Ride, der sie exakt 17,40 Punkte vor Wright katapultierte, als die Zeit ablief.
Es war eine 35-minütige Machtdemonstration mit beeindruckenden Backhand-Rides, die Marks in der Rangliste einen Platz nach oben rücken ließ. Aber das war noch nicht alles: Auch dem surfenthusiastischen Publikum war nach dieser Vorstellung klar, dass das bevorstehende Best-Of-Three-Duell im Finale gegen Carissa Moore -- Nummer eins, gesetzte fünffache Weltmeisterin und olympische Goldmedaillengewinnerin -- noch lange nicht entschieden war.
Caroline Marks surft bei den WSL Finals in Lower Trestles in Kalifornien.

Der alles entscheidende Turn zum WM-Titel

© Cait Miers/World Surf League

Im ersten Final-Heat legte Marks erneut einen Blitzstart hin. Sie eröffnete mit der besten Welle des Durchgangs und drängte Moore mit einer starken 8,67 in die Defensive. Marks ließ aber nicht locker und legte sofort noch einen Score von 6,5 nach. Der Druck auf Moore war enorm. Das Momentum und der Support der Fans schwangen mehr und mehr in Richtung Caroline Marks, und obwohl Moore schließlich zwei Sieben-Punkte-Rides hinlegte, war Marks mit ihrem endgültigen Score von 17,1 nie wirklich bedroht. Eins zu null für den Youngster.
Der zweite Heat begann schleppend, als der Ozean eine kurze Pause einlegte und in der ersten Hälfte des Heats keine Wellen kamen. Nach 17 Minuten eröffnete Moore dann endlich mit der ersten Welle, aber unmittelbar nach ihrem Ride sah sie, wie Marks eine viel bessere Welle anpaddelte und schließlich von Judges anderthalb Punkte besser bewertet wurde. Der zweite Schlagabtausch folgte einem ähnlichen Szenario. Marks' Vorsprung wuchs weiter an, als sie die beste Welle des Heats surfte, eine 7,6.
Caroline Marks feiert im Wasser nach ihrem Sieg bei den WSL Finals in Lower Trestles in Kalifornien.

Caroline Marks jubelt im Wasser

© Pat Nolan/World Surf League

Moore benötigte im letzten Drittel des Heats eine 7,67 -- ein Score, der für den Superstar aus Oahu in der Regel kein Problem ist. Zwei Minuten vor Schluss fiel Marks zum ersten Mal und bot Moore eine letzte Chance, die Entscheidung in einen dritten Durchgang zu verlegen. Eine kleine Welle gab der Hawaiianerin Hoffnung, die Fans hielten den Atem an. Am Ende kam der Angriff aber zu spät. Die Judges scorten den Ride schließlich mit 6,6 Punkten, was zu wenig war, um Caroline Marks noch abzufangen.
Es ist ein Lebenstraum, den ich mir mit 21 Jahren erfüllt habe. Es ist einfach etwas ganz Besonderes.
Als die jubelnde Marks aus dem Wasser stapfte, wurde sie sofort von Freunden, Familie und Fans mit aufblasbaren Alligatoren umzingelt. Es flossen Tränen der Freude und natürlich Champagner.
Caroline Marks und die vierfache Weltmeisterin Lisa Andersen.

Caroline Marks und die vierfache Weltmeisterin Lisa Andersen aus Florida

© Cait Miers/World Surf League

Der unglaubliche Sieg hätte für Marks zu keinem besseren Zeitpunkt kommen können. Aufgrund von mentalen Problemen und der bewussten Auseinandersetzung damit verpasste sie 2022 gleich fünf Wettkämpfe. Als sie zurückkam war sie entschlossener denn je, die Dinge so anzugehen, wie es sich für sie richtig anfühlt. Während des gesamten Jahres 2023 standen Marks' wiedergewonnenes Selbstvertrauen und ihre tiefe Liebe für das Surfen im Vordergrund. Die beeindruckenden Ergebnisse und der Erfolg waren natürlich ein schönes Nebenprodukt.
Caroline Marks und ihre neue Olympia-Jacke.

Caroline Marks mit ihrer neuen Lieblingsjacke

© Pat Nolan/World Surf League

2024 wird Marks die USA bei den Spielen in Tahiti vertreten, am berüchtigten Reefbreak von Teahupo'o. Als Titelverteidigerin beim Tahiti Pro und amtierende WSL-Champion ist Marks eine heiße Anwärterin auf Gold.
Die Journalistin Jen See sprach mit der goldenen Marks unmittelbar nach der Siegerehrung über ihren ersten WM-Titel im Surfen und darüber, wie sie die Kraft fand, sie selbst zu sein.

Wie fühlt es sich an, den ersten Weltmeister-Titel gewonnen zu haben?

Caroline Marks: Es ist eine völlig surreale Erfahrung. Es ist ein Lebenstraum, den ich mir mit 21 Jahren erfüllt habe. Es ist einfach etwas ganz Besonderes. In meinem zweiten Jahr auf der Tour habe ich einen kleinen Vorgeschmack auf all das bekommen, aber dann kam die Pandemie und ich habe fast das ganze letzte Jahr pausiert. Dieses Jahr fühlte es sich wirklich gut an, wieder zurück und in Form zu sein. Ich habe das Gefühl, dass ich in dieser Saison wirklich alles gegeben habe. Ich bin einfach nur stoked und glücklich!

Caroline Marks feiert ihren WM-Titel.

Caroline Marks am Gipfel angekommen

© Cait Miers/World Surf League

Hättest du am Beginn der Saison gedacht, dass das passiert?

Ich war zu Beginn des Jahres ziemlich angeschlagen. Ich habe letztes Jahr eine harte Zeit durchgemacht, sowohl mental als auch körperlich, und es dauert eine Weile, bis man sich davon erholt. Ich wusste definitiv, dass ich viel investiert hatte, aber ich war wirklich angeschlagen. Ich habe immer an mich geglaubt. Es gibt natürlich immer Momente, in denen man zweifelt, aber ich habe immer in meinem Herzen gespürt, dass es eines Tages passieren wird. Und man muss daran glauben, um es zu schaffen.

Caroline Marks lächelt nach ihrem WM-Sieg in die Kamera.

Caroline Marks und ihr freches Weltmeister-Grinsen

© Cait Miers/World Surf League

Was hast du in dieser Auszeit gelernt?

Ich habe eine Menge über mich selbst gelernt. Ich habe gelernt, was mich glücklich macht, mit wem ich zusammen sein sollte, um glücklich zu sein, und viele andere kleine Dinge. Was für andere Leute funktioniert, funktioniert vielleicht nicht für dich. Das ist ein wichtiger Punkt: Ich muss ich selbst bleiben! Nur so geht es. Ich habe auch eine ganz neue Wertschätzung für das Surfen entwickelt. Ich bin unglaublich dankbar, hier zu sein. Ich habe das Gefühl, dass ich einen kleinen Tritt in den Hintern gebraucht habe.

Caroline Marks mit einem Bottom-Turn bei den WSL Finals in Lower Trestles in Kalifornien.

Wer oben sein will, muss unten anfangen

© Pat Nolan/World Surf League

Hast du ein Beispiel für uns, was du geändert hast, damit du mehr du selbst sein kannst?

Ich bin erst 21, und ich muss noch viel lernen. Das ist ganz natürlich. Ich mache immer noch ständig Fehler, aber das ist doch auch das Schöne am Leben, oder? Man lernt immer dazu. Mich immer mit Positivem zu umgeben, hat mir sehr geholfen. Ich versuche nicht, mich zu verstellen, ich will einfach ich selbst sein. Ich glaube, das ist es, was dieses Jahr für mich extrem cool gemacht hat.

Hattest du das Gefühl, dass du in eine bestimmte Form passen musst, als du zum ersten Mal bei der Tour dabei warst?

Als ich mich qualifizierte, gab es einen riesigen Altersunterschied zwischen mir und den anderen, und das fühlte sich irgendwie komisch an. Die anderen Surferinnen kannten sich schon alle. Es dauerte ein paar Events, aber alle waren wirklich cool und nett, und ich habe einfach versucht, mit allen klar zu kommen. Irgendwann weicht dann das Gefühl der Faszination gegenüber den Superstars dem Gefühl, dass man sie auch schlagen will.

Im Wasser würden wir uns gegenseitig am liebsten die Köpfe abreißen, aber wenn wir dann wieder aus dem Wasser kommen, sind wir alle Freundinnen und haben enorm viel Respekt voreinander. Das ist wirklich cool!

Caroline Marks feiert mit Freunden und Familie ihren Weltmeistertitel bei den WSL Finals.

Caroline Marks ist noch lange nicht fertig

© Cait Miers/World Surf League

Wie hast du es geschafft, mit dem Druck in den Finals umzugehen und einen klaren Kopf zu behalten?

Ich habe mir gesagt: "Weißt du was? Schau dir den Strand an. Hier sind so viele Menschen, die dich supporten, und so viele Menschen, die dich von Herzen lieben. Egal, was passiert." Das ist an sich schon ein Sieg. Ich habe einfach das Mojo gespürt und bin wirklich gut gesurft. Ich habe das Gefühl, dass ich gut vorbereitet war.

Die Verbindung zum Wasser war einfach großartig. Nach den ersten paar Wellen hatte ich das Gefühl, dass ich gut im Rhythmus war. Ehrlich gesagt habe ich mir immer vorgestellt, dass ich einfach Lowers surfe und niemand zusieht. Darauf habe ich mich immer wieder konzentriert. Und dann war es auch schon wieder vorbei und ich habe gewonnen.

Caroline Marks surft bei den WSL Finals in Lower Trestles in Kalifornien.

Caroline Marks mit ihrer Signature-Backhand

© Pat Nolan/World Surf League

Worauf freust du dich jetzt am meisten?

Ich will den Moment einfach nur genießen, mit meiner engsten Familie und mit meinen Freunden. Das ist es, worauf ich mich am meisten freue.

Caroline Marks im siebten Himmel nach dem Gewinn des Weltmeistertitels.

Caroline Marks und ein ruhiger Moment der Besinnung

© Cait Miers/World Surf League

Welchen Rat würdest du einem jungen Mädchen geben, das jetzt mit dem Surfen anfängt?

Einfach Spaß haben. Ich surfe, weil es mir Spaß macht und ich es liebe. Viele Stunden investieren und es genießen!

Hab Spaß -- und greife nach den Sternen.

Teil dieser Story

Caroline Marks

The youngest woman to ever surf on the Championship Tour or at the Olympics, America's Caroline Marks rose to the top of her sport in 2023 when she won her first world title.

United StatesUnited States
Profil ansehen