Gaming
Lykaon war sein Meisterwerk. Ein massiver Mod für The Witcher 2,mit neuem Content, der manche offizielle Add-Ons in den Schatten stellt. Der Mann dahinter war Philipp Weber. Nach seinem Erfolg mit dem grandiosen Witcher-Mod hat er das geschafft, wovon viele Träumen: Er hat sich seinen Weg bis hin zu CD Projekt Red gebahnt.
Hallo Philipp, erzähl unseren Lesern doch einmal wer du bist und was du beruflich machst.
Ich bin Senior Quest Designer und Coordinator bei CD Projekt Red und bin nach meinem Studium 2013 nach Polen gezogen, um an The Witcher 3: Wild Hunt zu arbeiten. Seitdem war ich auch an beiden Expansions für Wild Hunt beteiligt, und bin jetzt mit Cyberpunk 2077 beschäftigt. Als Quest Designer arbeite ich natürlich an den Quests unserer Spiele mit. Wir fangen damit an, die Quests als Dokument niederzuschreiben, und später arbeite ich dann mit einem Writer und verschiedenen Kollegen daran, sie ins Spiel einzubauen. Ich sitze also quasi in der Mitte und koordiniere den ganzen Ablauf mit unseren Artists, Level Designern, Cinematic Designern und vielen mehr. Ich selbst skripte aber auch die Logik der Quest. Im Grunde muss ich mir vorstellen, was ein Spieler an jeder Stelle des Spiels denkt, und ihm die Möglichkeit geben, eine Quest auf diese Weise zu lösen. Dort eine Balance zwischen Freiheit und Machbarkeit zu finden, ist schon ganz schwer, macht aber auch unglaublich viel Spaß!
Deinen Weg in die Game-Industrie hast du dir über das Modden von Games gebahnt, was hat dich damals zu bewegt dieses Hobby zu verfolgen?
An sich habe ich das Modden rein zum Spaß angefangen, wie vermutlich die meisten aus der Szene. Mir war damals auch nicht wirklich bewusst, dass Modding auch ein guter Einstieg in die Gaming-Branche wäre. Ich habe schon als ich jünger war eigene Maps für Age of Empires 2 erstellt, um sie mit Freunden zu spielen, und von da an habe ich so ziemlich jeden Editor genutzt, den Spiele mitgeliefert haben. Dabei habe ich mich auch noch nicht auf einen bestimmten Bereich konzentriert. Ich habe gerne Levels gebaut, Cutscenes erstellt, Stories geschrieben oder eigene Texturen und Models erstellt. Ein bisschen was von allem zu können war später sehr nützlich, als ich dann Quest Designer wurde. Ich habe aber erst mit Skyrim und The Witcher 2 angefangen, meine Mods auch der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Einer deiner größten Mod-Erfolge war Lykaon für Witcher 2. Wie vergleicht sich die Entwicklung dieses Mods mit der von eigenständigen Videospielen?
Der größte Unterschied ist natürlich, dass ich bei der Entwicklung meines Mods komplett auf mich selbst angewiesen war. Das hat den Vorteil, dass ich volle kreative Kontrolle hatte, aber andernfalls werden Videospiele durch Kollaboration mit anderen immer besser. Was ich also zuerst gelernt habe war, anderen Entwicklern immer den Freiraum zu geben, um ihre beste Arbeit abzuliefern - was natürlich eine Umstellung für mich war. Es ist ein tolles Gefühl, bei CD Projekt Red mit so vielen talentierten Kollegen zu arbeiten, dass ich es nicht mehr vermisse, meine eigenen Models oder Levels zu bauen. Es ist jedes Mal ein toller Moment, wenn ich sehe, was meine Kollegen abliefern. Und die Quests werden dadurch umso besser!
Ein weiteres Beispiel ist einfach der Qualitätsanspruch von CD Projekt Red. Bei einem Modding-Projekt macht man sich auch gerne mal etwas vor. Etwas sei schon "gut genug". Aber bei CD Projekt wird alles regelmäßig gecheckt, und wir nehmen viele Iterationen vor, um die Quests zu verbessern. Manchmal gehen dabei Dinge verloren an denen man hängt, aber am Ende kommt dabei immer ein viel besseres Ergebnis hervor.
Gab es jemals ein Mod-Projekt, dass du immer im Kopf hattest, aber nie realisieren konntest?
Ganz schön viele. Aber ich hatte auch das Glück, viele Ideen, die ich während des Moddings hatte, bei CD Projekt umzusetzen. Beispielsweise hatte ich eine kleine Quest für meine Mod Lykaon vorgesehen, in der Geralt von einem Maler porträtiert werden soll. Natürlich geht vieles schief, Monster tauchen auf, und am Ende, wenn das Porträt fertig ist, wurde Geralt als Akt gemalt. Die Quest wurde nie veröffentlicht, aber ich fand die Idee noch immer ganz lustig. Also habe ich vorgeschlagen, sie in unserer zweiten Erweiterung für The Witcher 3, Blood and Wine, einzubauen. Und in Blood and Wine gibt es jetzt tatsächlich diese Quest, die ich mir eigentlich für meinen Mod ausgedacht hatte.
Ich habe da noch ein paar andere Ideen im Hinterkopf, die ich immer gerne ausprobieren wollte, und in Cyberpunk 2077 wird man davon noch einige sehen können!
Was würdest du jemandem empfehlen, der in die Modding-Szene einsteigen möchte? Wo sollten sie anfangen?
Sie sollten am besten ein Spiel finden, das sie wirklich lieben. Denn Modding kann auch sehr schwere Arbeit sein, für die man oft keinen Lohn erwarten kann. Der Lohn ist daher einfach die Freude, an einem kreativen Projekt zu arbeiten. Es ist also gut, sich mal umzusehen, welche Spiele denn die besten Editoren oder Communities haben, die einen unterstützen könnten. Spiele von Bethesda, wie beispielsweise Skyrim haben eine so große Modding-Community, dass es da schon sehr viele Tutorials und Hilfestellungen gibt. Es gibt dort fast nichts, das nicht irgendwer schon mal erklärt hätte, was es sehr einsteigerfreundlich macht.
Es ist auch wichtig, erst mal klein anzufangen. Ich habe natürlich auch den Fehler gemacht, erst mal viel zu große Projekte anzufangen, die ich dann nie zu Ende entwickelt habe. Es ist daher am besten, einfach mal etwas Kleines zu beginnen, das einem Spaß machen würde. Vielleicht nur mal eine einzige Quest, oder man tauscht ein paar Texturen aus, macht ein paar Balancing-Änderungen, schreibt eine kurze Geschichte, etc. Wenn das gut läuft, dann kann man sich zu größeren Projekten aufschwingen.
Dein Modding-Hintergrund hat dich zu CD Projekt Red geführt. Wie lief das ab? Hast du dich beworben oder kam der Entwickler auf dich zu?
In meinem Fall war es tatsächlich so, dass ich von CD Projekt Red angeschrieben wurde, nachdem ich einen Modding-Wettbewerb für The Witcher 2 gewonnen hatte. Mein Preis war eine Replika von Geralts Silberschwert Aerondight, das ich dann nochmal in einer Quest in Blood and Wine verewigt habe. Sie hatten einige meiner Projekte gesehen und mich dann eingeladen, ihren "Einstellungstest" zu machen. Da bekam ich eine Woche Zeit, ein Projekt zu erstellen, das sie dann getestet haben. Es ging damit los, dass ich den Test als Level Designer gemacht habe. In diesen Test habe ich aber zum Spaß meine eigenen Quests eingebaut, was mich dann auf die Laufbahn zum Quest Designer geführt hat. Nur einige Wochen danach war ich schon in Polen und durfte gleich damit anfangen, an Wild Hunt mitzuarbeiten.
Wie gut hat Modding dich - in deinen Augen - auf deinen Beruf vorbereitet?
Modding war für mich sehr nützlich, da ich mir vieles selbst erarbeiten musste. Das hat mich gut darauf vorbereitet, mitten in ein Projekt einzusteigen. Da ich viele der Tools schon kannte, konnte ich gleich in meinen ersten Wochen damit beginnen, Quests ins Spiel einzubauen. Und tatsächlich ist es auch bis heute noch nützlich, da ich durch das Modding auch viele Fähigkeiten erlangen konnte, die über den Beruf des Quest Designers hinausgehen. Das macht es manchmal einfacher zu verstehen, wie meine Kollegen arbeiten, und ich kann dadurch auch besseres Feedback geben. Und an sich hat man durch das Modding auch einfach eine "Do it yourself"-Mentalität, die in der Videospielbranche sehr nützlich ist. Es kommt oft vor, dass wir vor einem Problem stehen, das nur mit ungewöhnlichen Mitteln gelöst werden kann. Als Modder ist man sowas ja gewohnt, da es oft gar keinen anderen Weg gibt.
Zum Abschluss - in einem Satz: Was ist, deiner Meinung nach, das Beste an Cyberpunk 2077?
Cyberpunk 2077 ist besonders, da es die offene Welt und Story unserer Spiele nun auch mit der Freiheit kombiniert, einen eigenen Charakter in einer komplett neuen Welt zu definieren, in der es so viele Möglichkeiten und Entscheidungen gibt, dass es fast unmöglich ist, dass zwei Spieler jemals die gleiche Erfahrungen machen werden und sie wirklich eine eigene Story erleben können, die es so noch nirgendwo anders gibt.