Laura Stigger mit jeder Menge Power.
© Bartek Woliński
MTB

Laura Stigger: "Ich hab’s einfach gern schnell"

Wie tickt die 20-jährige Ötztalerin? Ein Interview über Fahrstil, Training, Fans und Naturverbundenheit.
Autor: Christoph Berger-Schauer
7 min readPublished on

16 Min

Laura Stigger: Olm Volle – Immer Vollgas

Nach mehreren Titeln in der Junioren-Kategorie steht Laura Stigger beim ersten Elite Rennen bereits am Podium!

Laura, freut uns dich zum Interview begrüßen zu dürfen. Wie hast du den Corona-Lockdown verbracht? Hast du – so wie viele andere Leute – viel gebacken und neue Sachen gelernt?
Ich bin nicht so die große Köchin, aber – man glaubt es kaum – ich habe angefangen Brot zu backen. Ansonsten ist aber das Training ganz normal weitergegangen.
Warst du vom Training her eingeschränkt oder konntest du immer Mountainbiken?
Der erste Lockdown war schon ziemlich hart. Da sind wir viel am Indoor-Trainer gefahren. Jetzt bin ich aber froh, dass wir im Freien trainieren dürfen. Dadurch, dass ich gern im Freien bin, wäre mir das sicher abgegangen, wenn man weiterhin im Haus trainieren hätte müssen. Hoffen wir, dass es so bleibt.
Wie würdest du deinen eigenen Fahrstil beschreiben?
Risikofreudig, am Limit, aber noch kontrolliert. Umso schwieriger, umso besser.
Laura Stigger in Action

Laura Stigger in Action

© Bartek Wolinski/Red Bull Content Pool

Wie hat sich diese „umso schwieriger – umso besser“-Einstellung bei dir entwickelt?
Challenges mag ich gern. Ich geh gerne an die Grenzen. Dadurch, dass wir von klein auf schon immer Techniktraining im Training dabei gehabt haben, kommt mir das sicher zugute.
Kannst du kurz erklären, was Techniktraining beim Mountainbiken umfasst?
Im Kleinen macht man’s spielerisch und schaut, dass man mit dem Radl gut umgehen kann. Jetzt – auf diesem Level – geht das vom Springen bis zu den Positionen am Radl. Da gibt es einiges, woran man arbeiten kann. Damit man sich mit den Strecken weiterentwickeln ist das auch erforderlich.
Kannst du in Prozent ausdrücken, wieviel Zeit du beim Techniktraining und wieviel Zeit du bei Rennen verbringst?
Das ist schwierig zu sagen. Meistens baut man das Techniktraining kurz ein wenn man einen Downhill fährt und fährt nochmal rauf und schaut, was könnte noch besser gehen. Das fließt ins Training mit ein.
Laura Stigger glänzt in ihrem ersten Weltcup-Rennen.

Laura Stigger glänzt in ihrem ersten Weltcup-Rennen.

© Bartek Wolinski/Red Bull Content Pool

Woher kommt deine Furchtlosigkeit?
Ich weiß es nicht. Das ist eine gute Frage. Ich nehm es einfach so wie es ist und probier das Beste daraus zu machen. Und wenn es nicht geht, dann probier ich es halt noch einmal.
Warst du als Kind auch schon so mutig?
Ja, täte ich schon sagen. Mir ist Gott sei Dank nie etwas Schlimmeres passiert. Ich hab immer alles unter Kontrolle gehabt, aber ich hab’s einfach gern schnell.
Das klingt super: schnell, aber unter Kontrolle. Was ist die Faszination am Mountainbiken für dich?
Erstens brauch ich nicht irgendwelche Sportstätten. Ich kann die Haustüre aufmachen, das Radl herausholen und dann habe ich schon meinen Spielplatz vor mir. Ich bin einfach volle gern in der Natur. Über Stock und Stein zu fahren, das gefällt mir. Das löst bei mir einfach positive Aspekte aus.
Wie fühlst du dich auf einem schnellen Downhill in den Bergen?
Da ist man so in einem Flow. Das fühlt sich einfach genial an.
Stigger setzt alles daran, ihren Höhenflug fortzusetzen.

Stigger setzt alles daran, ihren Höhenflug fortzusetzen.

© Michal Cerveny/Specialized Global Sports

Das klingt sehr toll. Aber es scheint nicht immer die Sonne und es ist nicht immer warm. Musst du dich manchmal motivieren, wenn das Wetter nicht optimal ist?
Das kommt sehr selten vor, weil ich es einfach gern tu. Im Regen bin ich eigentlich auch gern. Wenn es regnet ist alles schwieriger, deswegen mag ich das gern [lacht].
Kannst du erzählen, wie du zum Mountainbiken angefangen hast. In welchem Alter war das?
Angefangen habe ich mit sieben Jahren. Eigentlich durch die Nachbarn. Die waren beim Verein bei uns daheim. Da habe ich gesehen wie die jedes Mal bei uns beim Haus vorbeigefahren sind und schon so eine Gaudi am Radl gehabt haben. Da habe ich mir gedacht: muss ich auch probieren! Seitdem taugt’s mir auch voll.
Waren deine Eltern Mountainbiker oder leidenschaftliche Radfahrer?
Nein. Mein Papa hat im lokalen Verein Fußball gespielt. Die hatten mit Radfahren nicht viel zu tun. Sie unterstützen uns [Anm.: Laura und ihren Bruder] aber von Anfang an voll an jeder möglichen Stelle. Da bin ich sehr dankbar dafür.
Wer hat dein Talent entdeckt und dir gesagt: Wow, du musst weitermachen?
Wer es so wirklich entdeckt hat, das weiß ich nicht. Mir hat es einfach immer schon getaugt und ich hätte mir einfach nichts anderes mehr vorstellen können.
Gab es bei dir in der Nähe viele Möglichkeiten zu trainieren, in einen Verein einzusteigen?
Ja, auf jeden Fall. Da haben wir in Tirol und auch im Ötztal die besten Möglichkeiten dazu. Die entwickeln sich auch immer weiter mit den ganzen Trails, Radwegen und allem drum und dran. Da wird einem nicht langweilig.
Du hast zwischendurch kurz auf’s Rennrad gewechselt. Was hat dich dazu gebracht?
Dadurch, dass die Weltmeisterschaft in Innsbruck war und das keine halbe Stunde von mir daheim entfernt ist, habe ich mir gedacht ich nutz die Chance und bin dann im Frühjahr ein Straßenrennen gefahren. Damit habe ich mich für die WM qualifiziert. Die ist dann komplett anders ausgegangen, als ich erwartet hatte. Ich wollte einfach dabei sein, mir das anschauen wie das mit den Roadies so ist. Darum hab ich mich nachher umso mehr über den Sieg gefreut. Daheim noch dazu. Das war schon speziell.
Was für ein Triumph!

Was für ein Triumph!

© Ernst Lorenzi

Hast du danach überlegt ob du wechseln solltest oder war das für dich immer nur ein kurzer Ausflug?
Ich habe schon ein paar Anfragen gekriegt, aber der Main Focus war immer auf dem Mountainbiken. Wenn’s sich in den nächsten Jahren ergibt werde ich sicher wieder mal einen Ausflug auf die Straße machen, aber jetzt möchte ich mich auf Olympia am Mountainbike konzentrieren und dann schauen wir weiter.
Du hast gerade erwähnt wie schön die Atmosphäre in Innsbruck mit Heimpublikum war. Wie schwierig ist es in den letzten Monaten mit kaum Zuschauern gewesen? Hat dir das gefehlt?
Ja, auf jeden Fall. Die Zuschauer holen aus dir nochmal das extra Prozent heraus. Das geht einem schon ab. Vor allem wenn’s dann so richtig weh tut in den letzten paar Runden. Aber es nutzt nichts. So muss man sich selbst die Zuschauer erdenken.
Wie bist du auf dein Motto – Olm Volle – gekommen?
Eigentlich hat sich das spontan ergeben. Der Trainer und ich sind öfters unterwegs gewesen und da sind öfters diese Wörter vorgekommen. Jetzt ist es zum Teil bei jedem Training dabei. Am Helm steht’s. Am Auto steht’s.
Kriegst du viele Nachrichten von jüngeren Leuten, die gern deine Laufbahn folgen möchten?
Ja und das ist richtig nett. Man will ihnen helfen und zeigen, dass man mit Fleiß und nicht aufgeben viel erreichen kann.
Für neue Zuschauer des Mountainbikens: Was möchtest du, dass die von dieser Sportart verstehen und genießen?
Das es einfach der lässigste Sport ist, den jedermann und jede Frau ausüben kann. Man kann so viel machen. Mit den E-Bikes kommen auch nicht so fitte Leute den Berg hinauf. Damit wird die Radwelt größer und wächst.
Durch die Pandemie gibt es mehr Interessenten am Mountainbiken. Sind Neueinsteiger am Radweg manchmal ein Hindernis bei deinem Training?
Nein, da wartet man halt ein paar Sekunden. Ab und zu ist es auch ein Ansporn, wenn die mit dem E-Bike den Berg ein bisserl zügiger fahren und man hinten drinnen hängt und probiert dran zu bleiben. Von einem E-Biker lässt man sich nicht so gern abhängen [lacht].
Laura Stigger in Kalavasos, Zypern

Laura Stigger

© Mirja Geh/Red Bull Content Pool

Hörst du gern Musik beim Training? Gibt es Lieder, die dich motivieren?
Ich bin eine Person, die wenig Musik hört während dem Training, weil ich einfach hören muss wie die Vögel zwitschern oder, wenn ich über einen Stock fahre, wie der zerbricht. Das höre ich einfach gern. Das gibt auch Rückmeldung für ein besseres Gefühl am Bike.
Gibt es Teile vom Training, die du gar nicht magst?
Die schwierigen Momente sind, wenn ich nicht aufs Radl darf und Pause/Regeneration angesagt ist.
Regeneration heißt gar nicht Radfahren? Was machst du stattdessen?
Zum Teil, ja. Mit der Familie unterwegs sein und Zeit verbringen. Einfach einmal abschalten und nur relaxen. Obwohl das ziemlich schwierig für mich ist.
Wie stellst du dir die kommenden Jahre und deine Karriere vor?
Weiterentwickeln. Stärker und schneller werden. Das ist sicher das Hauptziel. Gesund und verletzungsfrei bleiben. Das sind die Voraussetzungen, die immer passen müssen. Deshalb sind das die höchsten Prioritäten. Sport ist nur ein kleiner Teil vom Leben. Solange es so gut geht, bin ich auf jeden Fall dabei. Irgendwann – ich weiß nicht wann, mit 40? [lacht] – wird es mal die Zeit geben, wo eine andere Schiene gefahren wird. Solang alles perfekt ist, es mir gut geht und ich den Sport ausüben darf, den ich gern mache, bin ich mit vollem Herz dabei.
Vielen Dank für das Gespräch!

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