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The Onekotan Project: Matthias Mayr im Interview
Matthias schildert den Kampf mit den Naturgewalten und das Überleben auf der Vulkaninsel.
Autor: Thomas Wernhart
7 min readPublished on
The Onekotan Project.
The Onekotan Project.© Jonas Blum
Matthias Mayr ist seit 2009 hauptberuflich als Freerider unterwegs, hat mit seinen Skiern alle Kontinente bereist und ist immer auf der Suche nach neuen Herausforderungen. „Es gibt so viele Filme da draußen, die nach dem gleichen Muster ablaufen, Hauni und ich wollten etwas ganz besonderes und nie dagewesene machen“, sagt der 34-Jährige. Vor drei Jahren sind die Jungs bei der Recherchen via Google Earth auf die Vulkaninseln Onekotan gestoßen und der Fakt, dass dieses spezielle Eiland beinahe unmöglich zu erreichen ist, hat die Motivation geweckt. Im letzten Jahr haben die Jungs dann beschlossen, den Trip zu wagen und all die Probleme zu überwinden, die damit verbunden waren.
Die wichtigste Frage zuerst: Würdest du’s nochmal machen?
Nein! Ich würde sicher kein zweites Mal auf diese Insel fahren und mein Leben riskieren. Sich wie ein Entdecker zu fühlen und eine ganze Insel für sich allein zu haben, ist schon etwas besonderes, aber ich denke jetzt an das nächste Projekt- lieber leide ich woanders als ein zweites Mal dort.
Matthias Haunholder, Phil_Meier & Matthias_Mayr
Matthias Haunholder, Phil_Meier & Matthias_Mayr© Jonas Blum
Nachdem wir das geklärt haben, fangen wir ganz von vorne an – wie seid ihr auf die Idee gekommen, in diese abgelegene und unbewohnte Gegen zu fahren?
Wir haben vor drei Jahren Google Earth nach interessanten Spots abgesucht und sie dabei auf Onekotan gestoßen – die Insel ist vulkanischen Ursprungs und eine derartige Formation, die auch noch die Möglichkeit Ski zu fahren bietet, gibt es kein zweites Mal auf diesem Planeten. Vor einem Jahr haben wir dann beschlossen den Trip in die Realität umzusetzen und fingen an alle Vorbereitungen zu treffen.
Erzähl uns von der Reiseroute?
Wir sind von München aus über Moskau nach Petropawlowsk geflogen und haben dort alles weitere in Angriff genommen. Petropawlowsk-Kamtschatski ist die zweitgrößte Stadt der Welt ohne Landverkehrsanbindung, man kann die Stadt nur per Boot oder Flugzeug erreichen. Wir haben uns dann vor Ort nach Schiffen umgesehen, die uns auf die 500 Kilometer weit entfernte Insel bringen konnten, was sich als schwerer als gedacht heraus stellte.
Wie habt ihr euer Ziel dann letztendlich erreicht?
Wir haben ein 46 Meter langes Frachtschiff gemietet und uns der extrem angsteinflößenden Überfahrt gestellt. Kurz vor unserer Abfahrt ist ein Fischkutter gesunken, wobei über 50 Menschen ums Leben kamen – diese Info war während der ganzen Reise in unseren Köpfen. Wir kamen uns bei richtig heftigen Wellengang total machtlos vor und mussten der Crew blind vertrauen. Vor der Insel haben wir dann geankert und uns mit dem Beiboot an Land bringen lassen. Die heftigen Wellen und die Unfähigkeit unseres Steuermannes machten dieses Unterfangen zu einer nassen und eiskalten Angelegenheit. Wir waren froh, als wir wieder festen Boden unter den Füßen hatten. Nach drei Wochen sollte uns das Schiff wieder abholen.
Wie ging es dann weiter?
Angekommen machten wir uns daran unser Basecamp aufzubauen und alles lief nach Plan – die erste Nacht war klar, windstill und mit 2 Grad relativ warm. Erst am nächsten Tag fing diese schöne Insel an, ihre hässliche Fratze zu zeigen. Es stürmte mit 100 bis 150 km/h und schneite heftig. Wir mussten unser Camp an einen anderen Ort verlegen und verbrachten die nächsten drei Tage damit die Zelte und unser Equipment so sicher wie möglich zu verbauen.
Das Camp.
Das Camp.© Jonas Blum
Hat sich die Lage gebessert, wurde das Wetter wieder freundlicher?
Eigentlich geht auf dieser Insel immer der Wind und man ist die ganze Zeit über den Naturgewalten ausgesetzt. Teilweise wurde der Wind so stark, dass wir uns nicht mehr auf unseren Beinen halten konnten. Bei der ersten Wetterbesserung machten wir uns auf unsere erste Expedition und erkannten schnell, dass wir weiter im Landesinneren ein zweites Camp errichten mussten. Onekotan ist überall mit kleinen Flussläufe durchzogen, die einen direkten Weg zu unserem Ziel unmöglich machten und so das Vorankommen stark verzögerten. Außerdem stellte dieser laut heulende Wind eine unheimliche psychische Belastung dar, die bei uns teilweise in Kombination mit der Übermüdung, zu Halluzinationen führte.
Wie habt ihr es dann zum Vulkan geschafft?
Wir sind dann nach einem weiteren Besuch im Basecamp, um unsere Vorräte im Zwischencamp aufzufüllen, in Richtung Vulkan aufgebrochen. Als wir es auf den Außenring geschafft hatten, mussten wir erkennen, dass das Eis im See, der den Vulkan ja umschließt, nicht wie die Russen erzählt haben, gefroren war. Wir entdeckten dann, dass an der engsten Stelle die Eisschollen so zusammengeschoben waren, dass man es schaffen könnte dort zu queren, aber vorerst mussten wir dieses Vorhaben noch einmal verschieben.
Und dieses Risiko habt ihr dann letztendlich auf euch genommen?
Ja, wir haben uns dann auf unseren Skiern, die das Gewicht ein bisschen besser verteilen, ganz langsam über das Eis getastet und währenddessen gehofft, dass keiner von uns einbricht – das wäre das Todesurteil für denjenigen gewesen. Als wir den See unbeschadet überquert hatten stiegen wir den Vulkan hoch und durften dort die lange ersehnte Abfahrt genießen. Wir sind nach diesem Trip die ersten Menschen, die dort Ski gefahren sind und das macht stolz.
Eine einmalige Abfahrt mitten im Pazifik.
Eine einmalige Abfahrt mitten im Pazifik.© Jonas Blum
Aber die Strapazen waren ja noch lange nicht vorbei, was ist dann passiert?
Wir wollten uns dann nach erfolgreicher Mission, die uns Erfrierungen, Halluzinationen, aber auch sehr viele schöne Erfahrungen beschert hat, wieder abholen lassen, doch das Wetter machte uns einen Strich durch die Rechnung. Das Frachtschiff lag zwei Tage vor Anker und die Crew schaffte es nicht überzusetzen. Nach diesen 48 Stunden ließen sie uns einfach zurück, was uns alle extreme schockte, weil zu diesem Zeitpunkt auch all unsere Essensvorräte aufgebraucht waren.
Wie seid ihr dann aus dieser brenzligen Situation entkommen?
Nach unzähligen Telefonaten konnten wir den Schweizer Roland Behler erreichen, der seit über einem Jahrzehnt Heliski-Touren in Kamtschatka anbietet und schon sehr viele wertvolle Kontakte in der Gegend hat. Da der Weg für einen normalen Helikopter vom Festland zur Insel zu weit wäre, musste eine andere Lösung gefunden werden. Roland schaffte es letztendlich, dass ein MI8 Transporthubschrauber mit zusätzlichen Tanks ausgerüstet wurde und uns Gestrandeten zur Hilfe kam.
Ihr hattet in dem Moment jede Menge Glück, weil das Wetter für ein kurzes Zeitfenster den Flug zuließ.
Ja, in dieser Gegend und zu dieser Jahreszeit gibt es sehr wenige Tage an denen eine Helikopter überhaupt starten kann. Der Wetterbericht zeigte auch schon den nächsten Schneesturm nahen und es gab nur eine Möglichkeit: Jetzt oder nie! Am Ende ging alles gut und wir konnten Onekotan lebend wieder verlassen.
Wie war der Trip im Gesamten für dich?
Dieses Projekt war einzigartig und im Nachhinein bin ich extrem stolz auf uns, dass wir es durchgezogen haben. Das Team mit Matthias Haunholder und Phil Miere war perfekt und man konnte sich, auch bei extrem hohen körperlichen und physischen Strapazen auf die anderen verlassen. Ich bin noch nie so weit über die Grenzen gegangen und habe sehr viel über mich selbst gelernt und bin daran erinnert worden, dass man gegen die Natur einfach keine Chance hat. Der beste Moment war sicher der Augenblick, wo wir die Eisschollen passiert und unser Ziel erreicht hatten – und natürlich der Augenblick wo, wir mit dem Heli von der Insel abflogen, haha!
Eine einzigartige Crew.
Eine einzigartige Crew.© Jonas Blum
Was steht als nächstes auf dem Programm?
Zuerst steht am 14. Oktober die Premier des Films im Oval Kino in Salzburg an und dann gehen wir auf Tour. Wenn die Filmtour abgeschlossen ist, werden wir uns in Richtung Nordost-Sibirien aufmachen und ein paar Erkundungen anstellen. Im Frühjahr 2016 wollen wir dort ein Gebirge erschließen, wo noch nie jemand zuvor Ski gefahren ist – es geht also abenteuerlich weiter.
den 3. Februar um 21.15 Uhr zum ersten Mal im Free-TV.
Wenn du es zu dieser Zeit nicht vor dem Fernseher schaffst,
hast du noch die Gelegenheit dieses spannende Freeride-Drama auch am 04.02.2016 um 0:15 Uhr und am06.02.2016 um 13:25 Uhr zu sehen.
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