Dhiraj Mukherjee Portrait
© Shazam
Dhiraj Mukherjee: „Geniesse auch die Reise zum Ziel“
Dhiraj Mukherjee, einer der Gründer des Musikerkennungsdienstes Shazam, erzählt vom frühen Erfolg, dem Platzen der Dotcom-Blase, dem Kampf ums Überleben und der Bedeutung von Spaß bei der Arbeit.
Autor: Max Schneider
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Innovator: Was sagt dir die Zahl 2580?
Dhiraj Mukherjee: Das ist die wichtigste Zahl meines Lebens. Sie steht für ein großes Abenteuer, das ich erleben durfte. Unter dieser Nummer konnte man Shazam in England anrufen, bevor Smartphones auf den Markt kamen. Das ging so: Man musste das Handy 15 Sekunden vor die Musikquelle halten. Unser System hat dann versucht, die Information mit einem Song aus der Datenbank zu verknüpfen. Dann bekam man eine SMS mit dem Künstler und dem Songnamen geschickt. Das hat 60 Pence gekostet.
Und das hat funktioniert?
Erstaunlich gut. Vor allem, wenn man bedenkt, dass wir damals nur etwa eine Million Songs in der Datenbank hatten. Der Algorithmus hat sich seit dem Jahr 2000 natürlich stark verbessert. Aber ich glaube, einer der Schlüssel zu unserem frühen Erfolg war, dass es meistens funktioniert hat.
Wir sassen immer wieder in Meetings und fragten uns: Sind wir pleite?
Ihr habt Shazam gegründet, ungefähr einen Monat bevor die Dotcom-Blase platzte. War das rückblickend eine Bürde oder auch eine Chance?
Beides. Aber wir wussten auch nicht, was passieren würde. Wir haben im Sommer 2000 (umgerechnet) eine Million Dollar an Kapital eingesammelt, ein Jahr später noch mal 8,5 Millionen Dollar. Irgendwann sind die Start-ups um uns herum reihenweise bankrottgegangen. Es war klar, dass die Party vorbei ist. Aber das hat uns irgendwie nur noch fokussierter gemacht, wir haben noch härter gearbeitet, waren noch sparsamer. Und es waren viele talentierte Leute auf dem Markt.
Wie habt ihr überlebt?
Wir hatten Glück, waren aber auch kreativ und clever. Wir sind Partnerschaften eingegangen, die uns Geld gespart haben. Wir haben einen Teil unserer Technologie verkauft und später, als es uns besser ging, wieder zurückgekauft. Wir saßen oft in Vorstandsmeetings und fragten uns: „Sind wir pleite?“ Aber am Ende haben wir immer genug getan, um einen weiteren Tag zu überleben.
Was war der wichtigste Moment in der Geschichte von Shazam?
Das iPhone und vor allem der App Store, in dem wir eine der ersten Apps waren, waren die Game Changer. Ab da war es angenehm, unseren Service zu benutzen. Wir waren nicht mehr gezwungen, ein funktionales, aber eher klobiges Interface zu bewerben.
Wer hatte eigentlich die Idee zu Shazam?
Mein Gründungspartner Chris Barton. Seine ursprüngliche Idee war es, alle Radiostationen zu vernetzen, um in einer Datenbank nachschauen zu können, was wann gespielt wurde. In seinem Business-Strategie-Kurs auf der Universität hatte ihm jedoch sein Professor eingetrichtert: „Frag dich immer, was deine Idee überflüssig machen könnte.“ Und in diesem Fall war das die Möglichkeit, mit dem Handy sofort jede Musik erkennen zu können.
Normal würde ich jetzt „Das war eine gute Idee“ sagen. Ich hab aber gelesen, dass du diesen Satz hasst.
Ja, weil es immer so klingt, als würde eine gute Idee schon genügen. Die viele harte Arbeit dahinter bleibt dabei unsichtbar.
Was ist in deinen Augen eine „gute Idee“?
Eine gute Idee löst ein Problem, das der Konsument zwar fühlt, aber noch nicht benennen kann. Wenn man ihm dann die Lösung bietet, wird er sagen: „Fantastisch, ich hätte euch nicht mal sagen können, dass ich das brauche.“
Gibt es etwas, das du deinem zwanzig Jahre jüngeren Ich raten würdest?
Das ist eine exzellente Frage, auf die ich leider keine gute Antwort habe. Ich glaube, ich würde sagen: „Konzentriere dich nicht so sehr auf das Ziel, dass du die Reise aus den Augen verlierst. Solange es Spaß macht, mach weiter.“ Im Rückblick sagt sich so etwas natürlich leicht, es war aber auch schon in der Zeit der Gründung von Shazam unsere Philosophie.
Macht die Reise immer noch Spaß?
Und wie! Aber ich bin auch privilegiert. Ich hatte Erfolg und eine super Story, die ich gerne mit anderen teile. Aber man muss sich auch immer sagen, dass es nur ein Job ist. Es gibt wichtigere Dinge im Leben. Das versuche ich allen jungen Entrepreneurs, mit denen ich arbeite, mitzugeben.
Dhiraj Mukherjee wurde als Sohn eines Airline-Managers in Indien geboren und studierte in Stanford, Kalifornien. 2000 gründete er mit drei Partnern in London den Musikerkennungsdienst Shazam, 2016 erreichte die App eine Milliarde Downloads. SHAZAM.COM