Überleben am kältesten Ort der Welt
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Exploration

Wie überlebt man am kältesten Ort der Welt?

Elf Monate sind Andrea und Mike unterwegs, um die vier extremsten Orte der Erde zu bereisen – in ihrem Camper. Der kälteste Punkt der Erde war eine Herausforderung. Ein Bericht aus dem Fahrerhaus:
Autor: 4Xtremes
4 min readveröffentlicht am
Seit ein paar Tagen sind wir wieder in Ulan Ude bei einem Bekannten. Der Motor ist aus, die Wassertanks und Essensvorräte voll. Jetzt machen wir erst mal ein paar Tage Pause. Seit sechs Monaten sind wir unterwegs und der letzte war bisher bei weitem der anstrengendste.
Die Fakten zum 4-Xtremes Projekt

Die Fakten zum 4-Xtremes Projekt

© Red Bull

Um nach Jakutsk zu gelangen, mussten wir den Fluss Lena überqueren. Im Sommer gibt’s eine Fähre und im Winter...das Eis. Das DPC (Polizei) kontrolliert den Verkehr über das Eis. Dieses war zwar nur für 10T freigegeben aber sie meinten, es wäre für uns (mit 12T) in Ordnung.
Wir waren jedoch skeptisch. Von Ufer zu Ufer sind es 10km und wir wollten unser zu Hause nicht im Fluss versenken. An das Gefühl, nichts als tief blaues Eis unter den Rädern zu haben, muss man sich zuerst gewöhnen.
Nun waren wir auf der bekannten „Road of Bones“, auf der der Verkehr sich immer mehr auf ca. 3-4 Autos am Tag reduzierte. Die Strasse führte uns durch ein Gebirge und dank der stets tiefen Sonne waren Landschaft und Licht umwerfend.
Im Dunkeln einen Schlafort zu suchen ist ein spezielles Gefühl und das Aufstehen bringt immer wieder Überraschungen mit sich. So wurden wir vor Oimjakon von seltenen Yakutischen Pferden besucht. Diese Tiere sind speziell bekannt dafür, dass sie in extremen Temperaturen (es kann bis -70°C werden) draussen leben und im Schnee graben, um ihr Essen zu finden. Welch ein Glück, dies in freier Natur gesehen zu haben.
Eine andere Überraschung war nur ein wenig weiter von unserem Übernachtungsort eine 25m lange Brücke, die auf 5T limitiert war. Wäre das andere Ufer nicht so steil gewesen, wären wir über den gefrorenen Fluss gefahren. Als gelernter Zimmermann kann Mike Konstruktionen gut einschätzen und nach langem hin und her entschieden wir uns doch, darüber zu fahren. Ich stieg aus, um wenigstens ein Bild zu machen, egal was passiert. Die Brücke knirschte laut, aber sie hielt!
Wir kamen in einer „warmen“ Woche nach Oimjakon, es wurde lediglich -52°C in der Nacht aber für uns war das schon genug abenteuerlich.
Am Morgen in Oimjakon kam der LKW fast nicht vom Fleck. Der Motor lief zwar seit 3 Wochen 24/7 und wir haben den Kühler mit einer Plane abgedeckt, aber das Getriebe und die Achsen sind nicht beheizt. Über Nacht werden deren Öle eher zähflüssig und morgens mussten wir zuerst mehrmals nach vorn und wieder zurück rollen um das Ganze in Bewegung zu bringen.
Die ersten 40km von Oimjakon führten über eine buckelige Piste, Mike konnte also nur langsam fahren, also wurde der Motor noch nicht so richtig warm und die Heizleistung war entsprechend schwach. Diese 40 Kilometer waren also extrem anstrengend für uns drei, sogar Aimèes (unsere 10 jährige Hündin) Barthaare waren eingefroren, da es in der Fahrerkabine nicht wärmer wurde als draussen, also -50C. Wir mussten sogar einmal Pause machen, um uns in der Wohnkabine aufzuwärmen.
Die Fahrerkabine bietet keinen Schutz vor der Kälte

Die Fahrerkabine bietet keinen Schutz vor der Kälte

© 4-xtremes

Die Rückfahrt nach Jakutsk kam uns extrem schnell vor. Wir besuchten nochmals Aleksandr, er spielte Tourguide und zeigte uns den bekannten Fischmarkt und das Eisskulpturenmuseum. Eine schöne Abwechslung zu den letzten paar Wochen. Der Weg von Jakutsk nach Ulan Ude ging wie im Flug vorbei, zumal wir die Strecke kannten und wir wussten, dass es nun nicht mehr kälter werden würde als diese -52C und freuten uns bereits, wenn das Thermometer mehr als -30C anzeigte.
Dieser Monat war gefüllt mit sehr viel Unsicherheit (Strassenzustand, Fahrzeugzustand, etc) und extrem vielen Kilometern. Man kann viel recherchieren, aber man kann sich nicht vorstellen, wie sich -50°C anfühlen, bis man es erlebt. Die Distanzen hier sind enorm, was man schnell unterschätzt. Von Ulan Ude nach Oimjakon entspricht der Distanz von Zürich ans Nordkapp, jedoch hat es auf dieser Distanz in Russland nur 3 Städte und es hat Null Infrastruktur zwischen den Dörfern. Dort gibt es oft nur das Nötigste.
Auch die lange Kälteperiode haben wir unterschätzt: bei mehr als vier Wochen in Temperaturen unter -30C muss man viele Aufgaben anders angehen, als wenn es warm ist. Wenn wir z.B. Wasser füllen wollten, mussten wir aufpassen, dass der gefüllte Schlauch nicht zu lang am Boden liegt, da sonst das Wasser darin gefriert und der Schlauch so verstopft.
Fakten zur Russland Etappe

Fakten zur Russland Etappe

© Red Bull

Da es sehr früh dunkel wurde, verbrachten wir natürlich sehr viel Zeit drinnen, wo der Wohnraum sehr begrenzt ist. Die dicken Winterkleider brauchen enorm viel Platz und man war konstant etwas am umräumen damit man z.B. essen kann - das nervt schon ziemlich auf die Dauer. Mehr als sonst mussten wir einander motivieren und stark sein, wenn der andere es nicht war, auch das braucht sehr viel Kraft und Nerven.
Deshalb geniessen wir es nun um so mehr, an einem Ort bleiben zu können, Sachen zu erledigen, die schon lange anstehen und den letzten Monat verdauen zu können.
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