Ein Mountainbiker fährt an einem Leuchtturm auf den Klippen an der Küste von Gran Canaria vorbei.
© Ismael Ibañez
MTB

Bike-Geometrie und was du darüber wissen solltest

Die Geometrie deines Bikes hat Auswirkungen auf den Fahrstil. Das kannst du bewusst einsetzen. So gehts:
Autor: André Wolfensberger
5 min readveröffentlicht am
Nebst Material, Radgrösse, Komponenten, Rahmengrösse etc. spielt die Geometrie beim Bike-Kauf eine zentrale Rolle.

STACK & REACH

Bestimme in welcher Haltung du dich wohl fühlst

Bestimme in welcher Haltung du dich wohl fühlst

© Scott

Der Reach und der Stack bestimmen die Haltung auf dem Bike massgeblich (sprich sportlich gebeugt oder entspannt aufrecht).
Wenn du dich unwohl auf dem Bike fühlst, kann dies am Reach liegen. Wenn du dich zu stark strecken musst, ist dieser wohl zu lang, was auch deine eigene Agilität einschränkt. Wenn der Reach zu kurz ist, hat dies Folgen auf die Balance und Stabilität. Zudem gibt es ein einengendes Gefühl.
Ein längerer Stack bedeutet eine aufrechtere und somit entspanntere Haltung. Das Vorderrad hebt jedoch leichter ab. Ein kürzerer Stack bringt durch die gebeugtere und sportlichere Haltung mehr Druck auf das Vorderrand. Bei der Bergfahrt erleichtert dir eine aufrechte Haltung die Atmung, jedoch ist bei der sportlich gebeugten Haltung das „runter treten“ ergonomischer.

OBERROHR

Ist dir Laufruhe oder Agilität wichtiger?

Ist dir Laufruhe oder Agilität wichtiger?

© Scott

Steuersatzmitte. Personen mit besonders kurzen/langen Armen benötigen daher ein entsprechend kurzes/langes Oberrohr. Kleinere Korrekturen können durch entsprechender Wahl und Einstellungen beim Cockpit justiert werden.
Die Oberrohrlänge wird teilweise für die Beschreibung der Position auf dem Bike verwendet, wobei der Reach hierfür die optimalere Grösse ist, da bei der Oberrohrlänge zusätzlich der Sitzwinkel berücksichtigt werden muss.
Analog dem Reach gilt beim Oberrohr: je kürzer, desto agiler und je länger, desto grösser die Laufruhe.

COCKPIT: Vorbau, Lenkerbreite und Lenkerbiegung

Beim Cockpit gibt es zahlreiche Einstellungsmöglichkeiten. In diesem Artikel beschränken wir uns auf die generellen Auswirkungen und die Terminologie.
Beispiel eines eher längeren und kürzeren

Beispiel eines eher längeren und kürzeren

© Scott

Vorbau: Der Vorbau ist der Teil, an welchem der Lenker montiert wird. Hierbei gibt es unterschiedliche Längen (Abstand vom Steuerrohr zum Lenker) und grundsätzlich sorgt ein langer Vorbau für mehr Druck auf dem Vorderrad, womit sich wie bei der gebeugten Haltung, das Rad weniger schnell anhebt. Anderseits ist die Steuerung bei einem langen Vorbau weniger direkt (bei gleicher Lenkerbreite) weil weitere Bewegungslenkungen der Schulter erfolgen müssen. Der Vorbau muss natürlich immer in Kombination mit der Rahmengeometrie betrachtet werden, da Personen mit langen Armen entweder ein längeres Oberrohr und/oder einen längeren Vorbau benötigen.
Lenkerbreite: Grundsätzlich sind die Lenker von abfahrtsorientierten Bikes tendenziell breiter. Umso breiter der Lenker, desto kürzer muss der Vorbau ausfallen, da die Lenkung ansonsten sehr träge wird. Andersrum sollte ein schmaler Lenker nicht auf einen kurzen Vorbau montiert werden, da die Lenkung sonst wiederum zu empfindlich reagiert.
Da die heutigen Bikes mit tendenziell längeren Reichweiten und Oberrohrlängen daherkommen als früher, benötigen diese auch kürzere Vorbauten.
Nebst der Lenkerbreite muss man noch mehr beachten

Nebst der Lenkerbreite muss man noch mehr beachten

© Myriam Frisano

Lenkerbiegungen: Der Backsweep ist die Rückbiegung des Lenkers und bestimmt die Stellung des Handgelenk. Wie stark die Rückbiegung für dich sein soll, hängt ganz von deinen Präferenzen ab. Da die Rückbiegung auch die Länge zur Sitzposition verkürzt, muss ein Lenker immer zusammen mit der Vorbaulänge (oder Oberrohrlänge bei einem Bike-Neukauf) abgestimmt werden.
Der Rise ist der Höhenunterschied zwischen dem Lenkerende und des Vorbau. Lenker mit Rise werden vor allem von abfahrtsorientierten Biker eingesetzt. Die Haltung ist damit etwas aufrechter und dadurch hat man einen vorausschauenden Blick ohne ständig gekrümmten Nacken.
Aktuell sind flachere Lenkwinkel angesagt

Aktuell sind flachere Lenkwinkel angesagt

© Scott

Lenkwinkel

Damit ist der Winkel zwischen Gabel und Boden gemeint. Je flacher dieser ausfällt, desto laufruhiger wird das Bike. Natürlich rollt es sich damit auch einfacher über grosse Hindernisse und reduziert die Gefahr eines Abwurfs über den Lenker. Bei einem steilem Winkel fällt dafür die Lenkung direkter und agiler aus. Während im Dowhnhill und Freeriden seit jeher flache Winkel zum Einsatz kommen, geht der Trend auch im Enduro seit längerem zu flacheren Lenkwinkel hin. Dies erklärt auch die Tendenz zu den kürzeren Vorbaulängen, da diese hinsichtlich Agilität die flacheren Lenkwinkel (ansatzweise) kompensieren. Für die Bergfahrt ist ein flacher Winkel sicherlich nicht optimal, die Vorteile entpuppen sich bei der Abfahrt dafür sehr rasch.

SITZROHR & SITZWINKEL

Der Winkel des Sitzrohr zum Boden bestimmt die Sitzposition und wie effizient man von oben in die Pedale tritt. Dies stellt daher ein äusserst wichtiger Faktor fürs «Raufpedalen» dar. Je steiler der Sitzwinkel, desto ergonomischer die Kraftübertragung und agiler das Bike (in der Sitzposition). Ein flacher Winkel zahlt hingegen der Laufruhe ein. 
Die Tretlagerhöhe hat Einfluss auf den Schwerpunkt

Die Tretlagerhöhe hat Einfluss auf den Schwerpunkt

© Scott

KETTENSTREBENLÄNGE

Die horizontale Länge von der hinteren Radachse zur Tretlagermitte bestimmen wie lang das Hinterteil des Bikes ausfällt.  Einmal mehr steht der Laufruhe (lange Kettenstrebenlänge) der Agilität entgegen (kurze Kettenstrebenlänge). Ein langes Hinterteil beugt natürlich auch dem Anheben des Vorderrades vor.
Zusammen mit dem Lenkwinkel und Reach ergibt sich der Radstand, wobei wiederum ein langer Radstand hohe Laufruhe verspricht und ein kleiner Radstand höhere Agilität.

TRETLAGERHÖHE

Ursprünglich wurde der Abstand vom Tretlager zum Boden gemessen. Durch die neuen Radgrössen und Reifen wird dieser heute in der Regel durch die Differenz zwischen Tretlager und Radachse angegeben – bei höherer Radachse als Rise und bei tieferer als Drop. Abfahrtsorientierte Bikes kommen mit einem Drop daher, welcher einen tieferen Schwerpunkt des Bikes nach sich zieht und somit eine höhere Stabilität und Laufruhe aufweisen. Ein Rise macht das Bike agiler und natürlich besteht weniger die Gefahr mit der Pedale am Boden anzustossen.

IM ÜBERBLICK

Laufruhe & Stabilität vs. Agilität
  • Langer Reach vs. Kurzer Reach
  • Langer Radstand vs. Kurzer Radstand
  • Flacher Lenkwinkel vs. Steiler Lenkwinkel
  • Flacher Sitzwinkel vs. Steiler Sitzwinkel
  • Lange Kettenstrebe vs. Kurze Kettenstrebe
  • Breiter Lenker vs. Schmaler Lenker
  • Tiefe Tretlagerhöhe (Schwerpunkt) vs. Hohe Tretlagerhöhe
Sportlich gebeugte Haltung vs. entspannte aufrechte Haltung
  • Langer Reach vs. Kurzer Reach
  • Langes Oberrohr vs. Kurzes Oberrohr
  • Kurzer Stack vs. Langer Stack
  • Langer Vorbau vs. Kurzer Vorbau
  • Kein Backsweep vs. Grosser Backsweep
Bringt Druck aufs Vorderrad (Vorbeugen von Anheben)
  • Kurzer Stack
  • Langer Vorbau