Matej Švancer macht einen Cork 7 Blunt am Stubaier Gletscher
© Syo van Vliet / Red Bull Content Pool
Freeski
Matěj Švancer: New Kid on the Rock
Zweifacher Juniorenweltmeister, Pionier des Vierfachsaltos – Matěj Švancer, 18, gilt als Wunderkind des Freeski. Nun ist er scharf auf Olympia. Und Red Bull PlayStreets.
Autor: Saskia Jungnikl-Glossy
6 min readPublished on
Matěj Švancer ist eigentlich ein ganz normaler Teenager. Er fährt am liebsten mit seinen Freunden­ Skateboard, manche seiner Gedanken wirken im Gespräch noch ein bisschen ungeordnet, er kommt unbekümmert rüber – und da ist auch noch dieser brennende Idealismus, der junge Menschen manchmal auszeichnet. So gesehen ist der Achtzehnjährige vielleicht doch nicht so ein normaler Teenager.
Der gebürtige Tscheche, der 2021 die österreichische Staatsbürgerschaft bekam, rollt seit einigen Jahren das Feld von hinten auf: Der Red Bull-Athlet ist zweifacher Junioren-Weltmeister, schrieb Freeski-Geschichte, als er als Erster einen Vierfachsalto zeigte, und gilt als Ausnahmetalent, dem eine Weltkarriere bevorsteht.
Matej Švancers Stärke liegt in seiner Vorstellungskraft.
Matej Švancers Stärke liegt in seiner Vorstellungskraft.© Lorenz Richard/Red Bull Content Pool
Ich denke meine Tricks bis ins Letzte durch.
Matěj Švancer
Geht es um Matěj Švancer, wird an Superlativen nicht gespart: Wunderkind, Supertalent, Freestyle-Hoffnung, gar Einhorn nennen ihn diverse Medien. Er selbst stapelt da lieber tief. Seine Freunde könnten eigentlich bessere Tricks fahren als er, sagt er, und andere seien mindestens gleich talentiert. Er könne das halt offenbar im Gegensatz zu ­anderen bei Wettbewerben ab­rufen, fügt er hinzu, nicht ohne zu erwähnen, dass es schon ­schade sei, dass alle immer so auf Ergebnisse fixiert sind.
Gerade noch beim Training auf dem Berg, sitzt Švancer jetzt zum Videotelefonat am Schreibtisch seiner Mama – auf einem großen Gymnastikball, auf dem er nebenbei auf und ab hüpft. Bisher hat er zwei Weltcup-Bewerbe gewonnen und das habe sich schon sehr gut angefühlt, sagt er, als wäre er davon selbst überrascht. Wobei es ihm eigentlich mehr Freude mache, einen komplizierten Trick endlich stehen zu können, als mit einem Trick zu gewinnen, den er schon ewig mache. Bisher dominiere jedenfalls die Freude an der Sache, sagt er, und es kommt nicht unerwartet, dass er seine Freizeit am liebsten mit Freunden in Snowparks verbringt und neue Tricks einübt oder andere bei ­ihren beobachtet.

Touchdown mit Stil

Švancer konzentriert sich auf die zwei Freeski-Disziplinen Big Air und Slopestyle. Bei Big Air springt man vom großen Kicker, es zählen die möglichst komplizierten, aufwendigen Tricks. Beim Slopestyle gibt es einen ­Parcours mit Schanzen und Geländern, ähnlich wie in einem Skatepark; wichtig ist, wie kreativ der Fahrer alle Elemente nützt. Wichtig ist Švancer, dass er bereits jetzt seinen eigenen Stil prägt, und den versucht er mit den ­Landungen zu unterstreichen. „Ich will, dass es so ausdrucksvoll wie möglich aussieht.“
Matěj liebt Spiegeleier, hasst Muscheln und kann sehr gut Jo-Jo spielen.
Matěj liebt Spiegeleier, hasst Muscheln und kann sehr gut Jo-Jo spielen.© Lorenz Richard/Red Bull Content Pool
Spricht Švancer über seine Disziplin, wird er deutlich ernster. Vor allem, wenn die Sprache auf die Olympischen Spiele 2022 kommt. Im Vorfeld war Švancer von den Medien als Big-Air-Favorit gehandelt worden, schließlich belegte er bei dem Megaevent nur Rang 26, viele waren von ihm enttäuscht. „In ­jedem Interview vorher hatte ich gesagt, dass niemand etwas von mir erwarten soll“, sagt er. „Und jetzt wird immer erzählt, ich hätte die Erwartungen nicht erfüllt. Dabei sehe ich das schon anders. Im Slopestyle wurde ich Achter, das ist ja nicht schlecht. Aber an meiner Schule sagen viele zu mir: ‚Bei Olympia hast du’s vermasselt.‘ Und dann machen sie die ganze Zeit so Witze drüber.“ Pause. „Das ist schon ungut.“
Er habe seither eine gründliche Fehleranalyse betrieben, schon beim Start habe er gemerkt, dass etwas nicht stimmt. „Es gab nichts Vernünftiges zu essen, da hab ich zu viel Süßes reingestopft, und das war viel zu viel Zucker. Beim Start war ich dann leicht zittrig, und na ja – irgendwie ist alles schiefgegangen.“

Spielfilm im Kopf

Eine schwierige Lage für einen jungen Menschen, der bei aller technischen Präzision auch die Freude am Sport und dem Wettbewerb nicht verlieren sollte. Seine Freunde würden ihm aus Tiefs helfen, sagt er, und seine wichtigsten Unterstützer seien sowieso seine Eltern. Ob er an seiner mentalen Stärke arbeite? „Nein“, antwortet er nach einer Pause ein wenig irritiert, und angesichts seiner Jugend war es vielleicht auch eine etwas irreführende Frage. Dann fällt ihm doch noch etwas dazu ein: „Meine mentale Stärke, wie man das so sagt“ – kurzer, prüfender Blick –, „kommt vom Vorstellen und Durchgehen der Tricks in meinem Kopf. Das geht nicht in ein paar Sekunden, das dauert lange, und ich muss sehr konzentriert sein. Ich gehe sie Detail für Detail durch, jede kleinste Bewegung in Slow Motion, immer wieder von Beginn an. Ich würde nie einen Sprung machen, den ich nicht vorher bis ins Letzte durchdacht habe.“ Das Ganze funktioniere wie das Laden eines Programms, sagt er und lacht. Und es nehme ihm gleichzeitig die Nervosität.
Wenn ich mich auf einen Sprung konzentriere, ist es so, als würde ich auf meinem Computer ein Programm laden.
Matěj Švancer über seine Definition von mentaler Stärke.
Derzeit bereitet sich Švancer auf die Red Bull PlayStreets vor. Wobei: So richtig vorbereiten könne man sich dafür ohnedies nicht, sagt er, dort sei alles ganz anders. Früher sei er mit seinen Freunden immer zum Zuschauen gekommen, „wir hatten immer ganz schlechte Plätze, aber selbst das war cool. Ich mag diese Mischung aus schwierig und spielerisch, und dass ich jetzt dabei sein darf, ist richtig super“, erzählt er. Jetzt hoffe er noch, dass seine Freunde dieses Jahr einen besseren Platz kriegen, damit sie gut zusehen können.

Ein Euro für einen Berg

Aber was tut er eigentlich, wenn er mal Abstand von dem ganzen­ Skizirkus gewinnen will? „Ich zeichne viel“, sagt er. „Vor allem in der Schule, wenn mir langweilig ist“, kommt die klassische Teenie-Antwort wie auf Abruf. Früher habe er oft Schach gespielt, dazu fehle ihm leider gerade die Zeit. Und dann wird es noch einmal richtig nachdenklich: Am liebsten fahre er mit Freunden Skateboard, doch die Parks, die derzeit zur Verfügung stehen, würden immer weniger hermachen. Sie seien heruntergekommen und hätten viel zu wenige Hindernisse wie Rampen, Treppen oder Handläufe.
Der ganze Sport, Skateboarding wie Freeskiing, habe zu Unrecht einen viel zu schlechten Ruf. Švancers Hauptziel im Leben ist es, im Freeskiing so erfolgreich zu werden, dass sich darauf eine andere Karriere aufbauen lässt. Am liebsten würde er etwa einen eigenen Snowpark entwerfen und bauen, mit einem Restaurant und einer Bar dabei, und günstig für Kinder und Jugendliche zugänglich machen. Oder den Berg hinter seinem Elternhaus kaufen und Lifttickets für einen Euro ausstellen – momentan koste das Tagesticket hier nämlich 58 Euro. So funktioniere das nicht für junge Menschen, sagt er – und ­irgendwie wird aus dem Idealisten plötzlich doch ein Realist.

Das Freestyle Event – Red Bull PlayStreets

Das In-City-Spektakel ist nach vier Jahren Pause wieder zurück in Bad Gastein. Vor einmaliger Kulisse zeigen die besten Freeskier ihre Tricks.
Das letzte Red Bull PlayStreets fand 2019 statt, hier ­mit Jesper Tjäder.
Das letzte Red Bull PlayStreets fand 2019 statt, hier ­mit Jesper Tjäder.© Samo Vidic/Red Bull Content Pool
Der Slopestyle-Contest Red Bull Play­Streets ist zurück und verwandelt am 10. Februar 2023 den Ortskern von Bad Gastein in eine riesige Sportarena. Dazu sind nicht weniger als 25.000 Stück Schrauben erforderlich, des Weiteren 160 Kubik­meter Holz, 800 Lkw-Ladungen Schnee – und natürlich die besten Ath­le­tinnen (erstmals!) und Athleten, die sich zum Greifen nahe präsentieren.
Hier trifft sich das Who’s Who der ­internationalen Freeski-Szene. Der komplett neu designte Track von Red Bull PlayStreets führt vom Salzburger Hof bis zum Hotel Elisabethpark. Die vielseitigen Rails und Kicker auf diesem Weg können von den Freestylern genutzt werden, um sich mit ihren kreativen Stunts von ihrer besten Seite zu zeigen – das Ganze vor ­einer dreiköpfigen Jury und tausenden Zuschauern. Da Platz knapp ist, empfiehlt es sich, rechtzeitig vor Ort zu sein. Doch keine Sorge, falls sich ein Live-Besuch nicht ausgeht: Man kann das gesamte Event auch bequem von der Couch aus live ab 19 Uhr auf Red Bull TV verfolgen. Die Quali-Läufe beginnen um 14 Uhr, der große Showrun folgt dann ab 18 Uhr – die hohen Häuserschluchten Bad Gasteins bieten dafür die perfekte Bühne.
Und wer nach dem Finale ab 20.30 Uhr noch kann und mag: Die Afterparty startet um 21 Uhr. Alle weiteren Infos unter: redbullplaystreets.com
Teil dieser Story

Red Bull PlayStreets

Nach 4 Jahren Pause kehrt die Freeski-Elite wieder nach Bad Gastein zurück. Der Wintersportort bereitet sich auf die 9. Auflage des legendären Red Bull PlayStreets am 10. Februar 2023 vor.

Österreich

Matěj Švancer

Matěj Švancer holte bereits mit 15 Jahren seinen ersten großen Titel

ÖsterreichÖsterreich
Freeski
Ski