Servus Ole, du bist bei Red Bull Racing ein Chef-Mechaniker, zuständig unter anderem für die Rad-Aufhängung, die Lenksäule und die Pedale. Wie würdest du deine Arbeit beschreiben.
Es ist ein Traumjob, genau das, was ich immer machen wollte. Ich bin seit dem Jahr 2004 dabei und sehe es bis heute eigentlich nicht als Arbeit, sondern mehr als meine Leidenschaft für den Motorsport.
Du hast geschafft, wovon viele junge Menschen träumen. Was sind deine Tipps für einen erfolgreichen Karriere-Start?
Du solltest so früh wie möglich beginnen, dich für technische Details zu interessieren und dich damit zu beschäftigen. Und wenn du gerne jedes Wochenende zu Hause sein willst, dann vergiss den Job gleich wieder.
Geht es dann von Papas Garage direkt in die Formel 1?
Das wird so nur selten funktionieren, zumindest nicht in Großbritannien. Hier besuchen die Mechaniker eigene Motorsport-Colleges und beginnen dann bei den Teams in den unteren Formel-Klassen. Und einige Jahre später kommen sie vielleicht zu uns bei Red Bull Racing.
Gibt es ein ideales Alter, um sich für diesen Job zu melden?
Der perfekte Alter gibt es vermutlich nicht, aber man sollte sich schon bewusst sein, dass der Job auch körperlich sehr herausfordernd ist, vor allem bei den Boxenstopps. Mein Tipp: Schau dir zuerst viel von der Welt an, lerne jeden Tag etwas dazu und ich schätze ab Mitte 20 bist du dann bereit für höhere Aufgaben.
Was ist der Unterschied zwischen einem Renn-Mechaniker und einem “normalen” Mechaniker?
Der größte Unterschied ist vermutlich das Tempo, mit dem alles passiert. In einer normalen Garage hast du halt 4 Stunden Zeit für ein Service. Wir stehen viel mehr unter Zeitdruck, berechnen unsere Arbeit teilweise in Sekunden. Und ein Mechaniker in der Formel 1 ist viel mehr spezialisiert. Denn bei uns zählt wirklich jedes Detail, es sind die Kleinigkeiten, die den großen Unterschied zwischen Sieg und Niederlage ausmachen.
Was ist der beste Teil deines Jobs? Und was ist die größte Herausforderung?
Fangen wir mit dem harten Teil an: Für mich ist das eindeutig der ständige Jetlag. Wir fliegen rund um die Welt und ich brauche ziemlich lange, um mich immer wieder umzustellen. Der schöne Teil meines Jobs ist natürlich Rennen oder sogar die Weltmeisterschaft zu gewinnen. Es gibt nichts Besseres.
Wie fühlt es sich an, Weltmeister zu werden?
Man ist in diesem Moment absolut zufrieden, mit der Welt im Reinen. Es ist die ultimative Belohnung für die Arbeit von vielen Menschen für viele Jahre. Ich durfte das bisher viermal erleben, es ist fantastisch.
Wie geht es dir, wenn das Team nicht Weltmeister wird?
Es macht mich hungrig, weil ich wieder gewinnen will. Es ist wie eine Sucht, man will immer mehr.
Bekommst du in den Boxen das ganze Rennen eigentlich mit?
Klar, denn ehrlicherweise muss ich sagen: Während des Rennens sitzen wir nur herum und warten auf die Boxenstopps. Wenn die Autos auf der Rennstrecke sind, können wir nicht viel mehr machen ...
Die Rennsonntage wirken grundsätzlich viel entspannter, als die Tage des Trainings oder des Qualifyings. Warum ist das so?
Weil die Autos ab Samstag Nachmittag im Parc Fermé stehen und wir bis zum Start nichts mehr daran ändern dürfen. Mit dem Setup aus dem Qualifying müssen wir auch ins Rennen. Wir starten die Autos am Sonntag gegen 11 Uhr, um zu sehen, ob alles läuft. Danach machen wir zum Aufwärmen der Crew ein paar Pitstop-Übungen und dann geht’s schon zum Grid. Mehr passiert am Sonntag eigentlich nicht.
Während der Boxenstopps schaut die ganze Motorsport-Welt auf dich und wartet insgeheim auf Fehler. Wie gehst du mit diesem Stress um?
Ich denke einfach nicht darüber nach. Ich mache meinen Job, so wie ich ihn immer mache. Die Fahrer machen sich ja auch keine Gedanken darüber, dass die ganze Welt zuschaut. Wir sind alle ziemlich entspannt.
Gibt es Schäden am Auto, die dich an einem Renn-Wochenende verzweifeln lassen?
Das ist keine Frage des Schadens, sondern immer eine Frage der Zeit. Obwohl die Autos sehr komplex sind, können wir alles reparieren – wenn wir genügend Zeit haben. So gesehen ist mir ein Schaden im ersten Freien Training am Freitag lieber, als einer kurz vor dem Qualifying.
Was ist für dich der schlimmstmögliche Schaden?
Wenn wir das Chassis austauschen müssen. Alles andere rundherum ist für uns „nur“ eine Fingerübung, wir sagen dazu „Bodywork“. Aber Änderungen am Chassis bedeuten, ein völlig neues Auto zu bauen. Das sind dann wirklich lange Stunden.
Was war der gröbste Fehler, der dir bisher passiert ist?
Da kann ich guten Gewissens behaupten: Mir ist noch kein großer Fehler passiert. Und so soll es auch bleiben.
Die Mechaniker sind die “unbekannten Helden” in einem Team. Findest du das fair?
Es gibt so viele “unknown heroes” in unserem Team, nicht nur die Mechaniker, sondern auch Ingenieure oder Lagerverwalter. Ich habe damit kein Problem, nicht im Geringsten. Für mich können die Fahrer ruhig die Helden sein. Hauptsache das Team gewinnt.
Wie schaut die Beziehungen zu anderen Teams aus? Bekommst ihr oft Job-Angebote?
Nein, wir brauchen keine Job-Angebote. Wir arbeiten bereits im besten Team.
"F1-Mechaniker haben ein sehr gutes Leben, wir sind alle happy..."
© Getty Images / Red Bull Content Pool
Kann man als F1-Mechaniker viel Geld verdienen?
Ich würde jetzt nicht behaupten, dass man als Mechaniker in der Formel 1 reich wird. Aber es ist ein sehr gutes Leben. Wir sind alle happy mit dem, was wir bekommen.
Du reist fast das ganze Jahr rund um die Welt. Hast du dabei Zeit, Land und Leute näher kennenzulernen?
Ganz wenig. Manchmal geht es sich am Samstagabend aus, dass wir in eine Stadt fahren und essen gehen. Aber eigentlich sind wir hier, um zu arbeiten und nicht Touristen. Und meistens ist es für die eigene Leistungsfähigkeit besser zu entspannen, als eine Stadttour zu machen.
Wie lange willst du den Job noch machen?
Solange ich mich fit und gesund fühle und die Leidenschaft in mir spüre, heißt mein Motto: Keep going!
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