Seitdem der Schoner Columbia 1871 seinen Mast verlor, gab es beim America's Cup nur wenige grössere Havarien. Bis zu den 1990er Jahren. Die Entwicklung von Hightech-Verbundstoffen, die hohe Geschwindigkeit von Foil-Booten und das Ausloten von immer höheren Grenzen bei der Konstruktion dieser Rennmaschinen veränderten das Umfeld und die Herausforderungen für die Mannschaften wurden immer grösser. Diese Entwicklungen führten dazu, dass die Zwischenfälle und Unfälle immer spektakulärer wurden.
„We are sinking“
Am 5. März 1995 trifft in San Diego, bei der 4. Etappe der Rounds-Robin-Runde des Louis Vuitton's Cup, die OneAustralia auf die Team New Zealand. In der Vorstartphase schrammen die Australien haarscharf an einer Katastrophe vorbei. Das Segelboot des Syndikats von John Bertrand, der legendäre Skipper, welcher der 132-jährigen Dominanz der Amerikaner beim America´s Cup ein Ende setzte, brach buchstäblich vor den Kameras weniger als 200 Meter vor der Startlinie in zwei Teile. Der Wind blies mit 18 bis 20 Knoten bei Seegang. Wesentlich anspruchsvollere Bedingungen für den Wettbewerb als erwartet. Das Boot wurde für flachen Seegang konstruiert, konnte der Belastung der Elemente nicht standhalten und die Struktur gab nach wenigen Sekunden klein bei. Den 17 Mannschaftsmitgliedern war schnell klar, dass das Boot nicht mehr zu retten war. Sie sprangen ins Wasser, um sich vom sinkenden America-Class-Boot zu entfernen und sich nicht in den Leinen zu verheddern. Alle konnten von den Begleitbooten unverletzt gerettet werden. Die OneAustralia sank innerhalb von 2 Minuten.
Im November 1999 hatte bei Wettbewerben des Louis Vuitton Cup die Young America des New York Yacht Club ein ähnliches Schicksal. Das Boot mit Ed Baird als Skipper knickte im Match mit der Nippon Challenge ebenfalls auf Höhe des Mastes ein, nachdem es eine Reihe von Wellen bei einem Wind von etwa 20 Knoten passiert hatte. Glücklicherweise waren die Schäden nicht so gross wie bei der OneAustralia. Die Begleitboote reagierten richtig, konnten das Segelboot an Bojen festmachen und Notpumpen installieren. Das Boot wurde an Land gebracht und konnte sogar nach Reparaturen die Regatta fortsetzen. Trotz enormer Anstrengungen des Technikteams kam die Young America über das Round-Robins-Stadium nicht hinaus.
Bei der legendären Auflage von 2003 befindet sich das Team New Zealand, wiederum in Auckland, mit einem Boot in Schwierigkeit, das mit den schwierigen Bedingungen im Golf von Hauraki nur mühsam zurechtkommt. Bei der vierten Etappe kommt es zum Mastbruch. Nach 57 Minuten Rennen macht auf dem zweiten Amwindkurs eine ungünstige Welle der Takelage den Garaus und die Neuseeländer müssen aufgeben, die zuvor 4 zu 0 führten. Das Team New Zealand kann das Boot für das folgende Match noch instandsetzen, aber das neuseeländische Syndikat muss sich schliesslich 5 zu 0 gegen Alinghi geschlagen geben. Der Schweizer Mannschaft ist es gelungen, zum ersten Mal in seiner Geschichte den Pokal nach Europa zu holen! (Video, 54’45’’)
Die Ära der Mehrrumpfboote
Der America’s Cup wird zum ersten Mal zwischen Foil-Katamaranen mit starrem Flügel ausgetragen: den AC72-Booten. Wahre Foil-Maschinen, drei bis vier mal so schnell wie die Vorgängerboote der America Class. Und schwer zu bändigen!
Am 17. Oktober 2012 kentert das Oracle Team USA beim Training unter anspruchsvollen Bedingungen und der Flügel bricht. Der Katamaran trägt schwere Schäden davon und die Bergung ist äusserst schwierig.
Am 9. Mai 2013 ist zum ersten Mal in der Geschichte des America’s Cup ein Todesfall zu beklagen. Der Schock sitzt tief. Andrew Simpson, zweifacher Olympiamedaillenträger und Mitglied des Artemis-Teams, wird beim Kentern des schwedischen Katamarans während eines Trainings unter Wasser eingeklemmt. Trotz des Einsatzes von Rettungskräften kann der Seemann nicht wiederbelebt werden. Der America’s Cup trauert.
Drei Monate später schrammen bei Qualifyings zwischen dem Emirates Team New Zealand und Prada die Kiwis haarscharf an der Katastrophe vorbei. Beim Passieren der Boje am Wind erwischt eine besonders starke Bö die AC 72 mit Dean Barker als Skipper. Der Katamaran taucht mit den Bugspitzen ein und bleibt bis zur Bugtraverse stecken. Zwei Mannschaftsmitglieder landen im Wasser. Zum grossen Glück erleidet das neuseeländische Boot keinen grösseren Schaden und kann die Regatta fortsetzen, die noch dazu auch noch gewinnt.
2017 bei der 35. Auflage, die auf den Bermudas ausgetragen wird, wechseln wir zum vierten Rennen der Semifinals der Challenger. Das Emirates Team New Zealand befindet sich in der Startphase im Match mit den Briten der BAR und hat weniger als 100 m vor der Startlinie einen Stecker unter anspruchsvollen Bedingungen. Die Kiwis verlieren die Regatta, können aber ihren Katamaran schnell wieder instandsetzen. Sie gewinnen schliesslich den Cup gegen die Amerikaner mit 7 zu 1.
Nur ein Rumpf, aber genauso schnell
Die 36. Auflage des America´s Cup findet wieder in Neuseeland statt. Zum Einsatz kommen Einrumpfboote ohne Kiel, aber mit seitlichen Foils. Das Gleichgewicht ist genauso empfindlich wie bei Mehrrumpfbooten. Die Geschwindigkeit ist atemberaubend. Beim dritten Rennen des Prada Cup (Vorausscheide der Challenger) passiert die American Magic die Boje am Wind vor der Luna Rossa und vollführt eine der spektakulärsten Figuren in der Geschichte des modernen Segelsports. Das Segelboot fällt nach einer Wende ab, springt unter einer Bö förmlich aus dem Wasser und legt sich nach erneutem Wasserkontakt zur Seite. Der beschädigte Rumpf läuft mit Wasser voll und nur durch das schnelle Reagieren der Technikboote von verschiedenen Konkurrenten, unter anderem der Luna Rossa oder des Defenders Emirates Team New Zealand, kann ein Sinken verhindert werden. Ein wunderbares Beispiel für Solidarität unter Seeleuten in einer Welt des erbarmungslosen Wettbewerbs!
Trotz der Reparaturen und der Rückkehr der Amerikaner auf das Wasser muss sich der New York Yacht Club den Italienern geschlagen geben und kommt nicht in die nächste Runde des Rennens.
Für die 37. Auflage, die im Oktober 2024 in Barcelona stattfinden wird, haben die aktuellen Boote des Typs AC 75 und AC 40 den Liebhabern des Segelsports bereits einige Stilfiguren und spektakuläre Fahrten mit grosser Publicity geliefert. Möglich macht dies Recon: ein System von Begleitbooten, das alle Fahrten von allen Teilnehmern dokumentiert.
Alle diese Ereignisse machen einem klar, dass die rasante Fahrt und hohe Geschwindigkeit beim America´s Cup nicht auf die leichte Schulter zu nehmen sind. Die Sicherheitsvorschriften haben sich Gottseidank mit der gleichen Geschwindigkeit weiterentwickelt wie die Boote und die Vorbereitung und der Schutz der Mannschaft nehmen kontinuierlich zu.
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