Fußball

Einerkette – Tim Thoelkes RB Leipzig-Kolumne

Der Stadionsprecher über Spielereltern, Gesichtstattoos und Zyklopen
Autor: Tim Thoelke
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Tim Thoelke RB Leipzig Stadionsprecher

Der RB Leipzig Stadionsprecher gut zu Fuß

© [unknown]

Neulich im Spielertunnel: „Hey, ein Stadionsprecher mit ‘nem Arm voller Tattoos ist aber auch nicht normal!“ Neuzugang Terrence Boyd sah mich grinsend an.
„Bei RB ist nichts normal“, sagte ich und gratulierte ihm zum Tor und Sieg gegen Paris Saint-Germain.
Ich stelle in den letzten Jahren allerdings verstärkt fest, dass Fußball- und Tattookultur eine immer größere Schnittmenge bilden. Junge Fußballspieler, kaum volljährig, lassen sich routinemäßig und großflächig Nachrichten, Babybilder, Frauenvornamen und Länderflaggen unter die Haut stechen.
Den Eltern der Spieler graut es vor den Saisonpausen, denn nur während dieser können die Profis ihren Ideen zum schicken Hautlayout freien Lauf lassen. Jeder, der mal Gast in einem Tattoostudio war, kennt die gebetsmühlenartig vorgetragenen Warnungen von mürrischen Tätowierern vor größeren Dosen an Sport, Sonne, Dusche und Whirlpool, also genau den gefährlichen Infektionsherden, denen die Profis eigentlich ständig ausgesetzt sind.
Mittelfeld-Magier und U19-Europameister Joshua Kimmich denkt zurzeit zwar nicht über ein Tattoo nach, bestätigte mir aber kürzlich, dass der Trainer die Tattootermine sämtlicher Spieler konsequent in die Saisonpausen gelegt hat.
Apropos Europameister: den furiosen Auftritt von Kimmich und Konsorten gegen 1860 München habe ich mir per Kneipen-Public-Viewing in Leipzig angesehen, gegenübersitzend von Box-Europameister Maik Kurzweil. Der Mann mit dem freundlichen Gesichtstattoo und sein bunthäutiger Anhang spekulierten mit mir über den Zeitpunkt, an dem erste RB-Tattoos in der Stadt auftauchen, und wir hielten ihn für mehr oder weniger gekommen. Ob man denn mit so einem Bildchen für immer freien Eintritt zu den Spielen hätte, wurde ich gefragt.
Einer der schönsten Clubs der Stadt, das „Ilses Erika“, in dem ich hin und wieder Platten auflege, hat einmal genau so eine Ausschreibung lanciert. Kurz darauf zeigte sich eine junge Dame am Einlass, die sich per Tätowierung das Logo des Clubs auf dem Unterarm hatte verewigen lassen.
Ja, selbstverständlich, damit bekam sie ihren verdienten lebenslangen freien Eintritt. Kurz darauf zog sie nach England.
Es kommt im Stadion auf einen Versuch an. Zeigt den liebenswürdigen Ordnern ruhig mal euer RB-Tattoo. Einen Daumen nach oben sollte es in jedem Fall geben, zur Sicherheit nehmt aber trotzdem eure Dauerkarte mit.
Zurück zu Terrence Boyd. Sein „Cyclops“-Jubel ist legendär: Nach jedem Tor schiebt er seinen Unterarm mit dem großen Echsenauge-Tattoo vor die Augen, streckt die Zunge raus und mutiert zu einem bizarren Zyklopen.
Ja, bei RB ist nichts normal. Du wirst dich wohlfühlen bei uns, Terrence.
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I'm on the porch 'cause I lost my house key
Pick up my book, I read Bukowski
Can I get another kiss from you?
Kiss me right here on my tattoo
RED HOT CHILI PEPPERS – „Mellowship Slinky In B-Major”
Dranbleiben: Die nächte Folge der RB Leipzig-Kolumne gibt es am 29. August unter redbull.com/einerkette.
RB-Leipzig-Terrence-Boyd

So jubeln Zyklopen!

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