Mit einer Länge von 5,8 Kilometern Länge ist die Circuit Paul Ricard in Le Castellet eine der längsten Strecken im Kalender der Formel 1.
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F1

So entsteht eine Formel 1-Rennstrecke

Vorschriften, erste Entwürfe, 3D-Modellierung: Der Projektmanager für die Renovierung des berüchtigten Circuit Paul Ricard erklärt im Detail, wie eine F1-Rennstrecke konzipiert wird.
Von: Mathieu Fageot
4 min readPublished on
Es gibt nur eine Handvoll davon auf der ganzen Welt. Sie sind eine kleine, fein selektierte Gruppe von Architekten und Ingenieuren, die sich auf die Planung und das Design von F1-Rennstrecken spezialisiert haben. Dazu gehört unter anderem das Unternehmen Architecture 54, das seit 12 Jahren für die Instandhaltung, Renovierung und Modernisierung der südfranzösischen Paul Ricard-Rennstrecke verantwortlich ist.
Begonnen hat alles im Jahr 2008, als das Unternehmen einen Anruf aus der Gemeinde Le Castellet erhielt. Die Rennstrecke benötigte eine neue Tribüne mit 4.400 Sitzplätzen. Thierry Lombardi, der Gründer von Architecture 54, stimmte dem Bau zu, obwohl er keinerlei Erfahrung im Rennsport hatte. "Als Architekten sind wir in der Lage, technische Vorschriften, Stadtplanung und Entwurfsmethoden zu integrieren", erklärt er.
Die von Thierry Lombardi gegründete Firma Architecture 54 entwarf die neue Tribüne mit 4.400 Sitzplätzen für die Rennstrecke Paul Ricard in Le Castellet in Frankreich.

Die neuen Tribünen auf dem Circuit Paul Ricard

© Thierry Lombardi

In Rekordzeit hat das Unternehmen seinen Auftrag erfolgreich erfüllt. Es war der Beginn einer langen Zusammenarbeit. "Das Projekt für eine neue Rennstrecke war schnell geboren und ich wurde mit der Planung beauftragt. Ich habe knapp ein Jahr lang daran gearbeitet, bevor es aus finanziellen Gründen aufgegeben und in ein kleineres Driving Center umgewandelt wurde, das an die Strecke angrenzt. Es war unser erstes großes Projekt."

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Welche Regeln gilt es zu beachten?

Wie bei jedem Projekt dieser Größenordnung ist es klar, dass nicht ein einziger Architekt allein an dem Design einer Grand Prix-Strecke arbeitet. "Er ist sozusagen der Dirigent eines Orchesters mit einer großen Anzahl an Spezialisten", erklärt Thierry Lombardi. Und bevor die ersten Kurven gezeichnet werden, müssen einige Kriterien berücksichtigt werden. "Für jede Art von Projekt, vom Hotel bis zum Restaurant, und damit auch für den Bau von Rennstrecken, gibt es sehr genaue und komplizierte Vorschriften."
Der Architekt einer F1-Strecke ist der Dirigent eines Orchesters, das sich aus zahlreichen Spezialisten zusammensetzt, erklärt Thierry Lombardi.

Die Paul Ricard-Rennstrecke

© Thierry Lombardi

Die Regeln betreffen Themen wie Sicherheit, Streckengeschwindigkeit, Bremswege, Platzierung der Curbs in den Kurven, Kurvenradius, Mindestlänge der Geraden, einzuhaltende Abstände zwischen Start und Kurve eins... kurz gesagt: Es müssen unzählige Parameter, die das Design bestimmen, und natürlich auch äußere Faktoren, wie die Größe und Beschaffenheit des Geländes vor Ort, berücksichtigt werden.

Wie entstehen legendäre Kurvenkombinationen?

Die Streckenführung (Kurven, Gerade, usw.) werden zwar vom Architekten entworfen, aber umgesetzt und gebaut wird erst nach langer und intensiver Analyse bereits bestehender Strecken und nach Rücksprache mit vielen verschiedene Fachleuten: "Wenn es um das Design geht, arbeiten wir viel mit Analogien", erklärt Thierry Lombardi. Vor jedem Projekt analysieren er uns sein Team unterschiedliche Rennstrecken und lassen sich von denen inspirieren, die weltweit am besten funktionieren, vor allem in Bezug auf Überholvorgänge.
Als Thierry Lombardi und sein Unternehmen 2016 gebeten wurde, drei Kurven auf dem Circuit Paul Ricard für den Grand Prix von Frankreich 2018 zu überarbeiten, konzentrierten sie sich bei ihrer Analyse besonders auf Linke-Rechts-Kurvenabfolgen und Spurverbreiterungen. "Wir haben festgestellt, dass es auf den neuen F1-Kursen, insbesondere in Austin (USA), direkt am Kurveneingang mehr Breite gibt. Wir sind von 12 auf 20 Meter Breite gegangen, um das Überholen zu erleichtern. All das haben wir im Vorfeld ganz genau studiert, bevor wir die Schikanen von Verrerie, Pont und Castellet Nord in Angriff genommen haben."
Drei Kurven der Formel 1-Strecke von Paul Ricard wurden 2016 modifiziert, um unter anderem das Überholen zu erleichtern.

2016 wurden gleich drei Kurven auf der Paul Ricard verändert

© Thierry Lombardi

Das Überholen ist einer der wichtigsten Faktoren beim Entwurf einer Rennstrecke und gleichzeitig ein Thema von enormer Komplexität. "Auf normalen Straßen sind die Radien in großen Kurven konstant, im Motorsport versuchen wir eher technisch anspruchsvolle Kurvenkombinationen zu kreieren", meint Lombardi.
"Wir lassen uns immer von einem oder mehreren Fahrern, dem Rennleiter und verschiedenen Beratern beratschlagen, denn die Piloten und der Rennleiter haben ein besonderes Gespür für die Rennstrecken. Sobald der Entwurf des Layouts geprüft wurde, wird ein 3D-Modell erstellt, an dem verschiedene Simulationen durchgeführt werden. Erst danach beginnt die richtige Arbeit."
Es ist sehr wichtig, dass man sich fragt, was auf der Strecke passiert, aber auch, was rundherum passiert.
Thierry Lombardi
Beim Bau einer Rennstrecke wird aber nicht nur an die Piloten im Cockpit der F1-Boliden gedacht. "Wenn wir uns eine Rennstrecke vorstellen, ist es sehr wichtig, dass man sich fragt, was auf der Strecke passiert, aber auch, was rundherum passiert", betont Lombardi. "Der Erfolg einer Strecke hängt nicht nur davon ab, was die Autos auf ihr machen, sondern auch davon, was sich abseits der Strecke abspielt. Es geht nicht nur um das perfekte Streckenlayout, sondern darum, einen Ort zu schaffen, der funktional ist. Die eigentliche Aufgabe des Architekten besteht darin, die Bedürfnisse zu kennen, sie zu verstehen und sie zu verwirklichen", fügt Thierry Lombardi hinzu.