Gaming
Die Spielelandschaft hat sich in den letzten Jahren massiv gewandelt. Spiele waren einst nur in physischer Form vorhanden und wer alt genug ist, wird sich noch an die gigantischen Kartons in unseren Regalen erinnern, die früher unsere digitalen Schätze in Form von Dataset, Floppies, Cartridges, Disketten oder CDs beherbergten. Inzwischen sind Download-Titel zum Standard geworden, die man im PSN, auf Steam oder Xbox Live einfach vom Sofa aus anklickt. Ursprünglich vor allem kleineren Indie-Titeln vorbehalten, lädt man auf diesem Wege heute Destiny 2 oder Monster Hunter: World hinunter, damit man sofort loslegen kann.
Games as a service
Etwas, das damals wirklich keiner leiden konnte, waren die jährlichen Iterationen des selben Spiels zum Vollpreis, bei denen sich die Änderungen im Vergleich zum Vorgänger arg in Grenzen hielten. Man kaufte sie schließlich doch und kam sich im Anschluss ein wenig ausgenutzt vor. Inzwischen mussten die Entwickler und Publisher lernen, dass die Spieler deutlich vorsichtiger geworden sind und sich einen Nachfolger erst dann zulegen, wenn man genug Besonderheiten und Innovationen reingepackt hat. Die Lösung dieses Problems soll ein neues Geschäftsmodell sein: Games as a Service (GaaS).
Du wirst es vielleicht nicht ahnen, aber du hast dieses Modell sicher schon erlebt und wirst es wahrscheinlich auch mögen. Ultimate Team aus FIFA ist der Vorzeigekandidat für GaaS und wir setzen mal drauf, dass es in nicht allzu ferner Zukunft ein eigenes Spiel mit dem Modus geben wird. Kaum zu glauben, dass EA diesbezüglich noch nichts veröffentlicht hat. Klar, man kann Ultimate Team unterwegs spielen, via der mobile app (oder auf der Switch, when du auf FIFA-handheld stehst), aber bedenkt man, dass es in FIFA 09 ein kostenpflichtiges Add-on war und sich nun zu einem der meistgespielten Spielmodi der Welt gemausert hat, ist das schon beachtlich. Auf dem PC startete man vor ein paar Jahren zwar einen Versuch in die Richtung, der nicht so recht zünden wollte, nun aber wäre die Zeit reif, die riesige Spielerbasis abzuholen.
Call of Service
Eine weitere Spielereihe, die noch ihren jährlichen Auftritt hat, ist Call of Duty. Wieder versucht man auf dem PC ein service-basierendes Spiel zu schaffen, aber man testet das Modell nur in China. Es wurde von Activision Shanghai entwickelt und von Tencent gepublished - eine der größten Firmen der Branche, zu welcher auch Supercell, Riot Games und zu einem Anteil Epic Games mit Fortnite gehören. Es handelt sich um einen free-to-play-Titel, der sich seit 2015 in der open beta befindet. Sollte es mal ein westliches CoD geben, dass sich schlecht verkauft, könnte sich Activision für das GaaS-Modell entscheiden.
Das Activision prinzipiell gerne auf diese Methode setzt, beweist natürlich Destiny – zumindest das Originalkonzept. Geplant war eine lebendige Welt, in der man sich mit ihr weiterentwickelt. Mit regelmäßigen Updates wollte man Stück für Stück mit den Spielern wachsen. Gerüchte um Entwicklungsprobleme gepaart mit einiger Kritik an Designentscheidungen führten dazu, dass die Spielerzahlen schwanden und man den Titel doch nicht so lange spielen wollte, wie gedacht. Mit den Erweiterungen hielt man immerhin ein paar Jahre durch und konnte auch Spieler wieder zurückgewinnen – ein Schicksal, dass wohl auch Destiny 2 ereilen könnte. Um das möglichst herauszuzögern, wird fleißig an neuem Content gebastelt, denn es ist für Entwickler Bungie und Publisher Activision einfacher und billiger, Updates zu veröffentlichen, als ein brandneues Destiny 3.
Gewöhnungseffekt
Es sieht so aus, als würden die Spieler sich daran gewöhnen. Ubisoft trifft den Nagel auf den Kopf, was Games as a Service betrifft. Rainbow Six Siege ist über 2 Jahre alt und bleibt dennoch ungeheuer popular. Die 25 Millionen registrierten Spieler hat man ohne ein Siege 2 aufgebaut (nachdem, wie viele Sequels die Tom Clancy-Spiele früher hatten, grenzt das fast an ein Wunder). Anstatt Sequels rauszuwürgen, wird das Spiel als Plattform behandelt: Neue Karten und Operator kommen mit der kostenlos Zeit hinzu. So wurde der Titel erfolgreich genug, um in der eSports-Szene zu landen. Apropos eSports: Rennspiele sind wie geschaffen für GaaS. Codemasters F1 wäre zum Beispiel ein perfekter Kandidat. Die grafischen Details kann man in Abständen verbessern, falls es überhaupt nötig ist, dafür blieben die Fahrerprofile, Fahrzeugdaten oder Bedingungen immer aktuell.
For Honor ist ein weiteres Spiel, welches “Seasons” nutzt, um Spieler wieder zurückzuholen und sogar Ghost Recon Wildlands findet man wieder auf der Platte, seid man darin den Predator (ja, richtig – den aus den Filmen) jagen kann.
Die Idee von Games as a Service ist so alt wie das MMORPG selbst. World of Warcraft zelebrierte das Erfolgskonzept schon 2004. Obwohl Blizzard seid rund einem Jahr keine Zahlen mehr veröffentlicht, befinden sich noch immer Millionen Spieler in Azeroth. Der kleine, feine Unterschied ist, dass man bei WoW nach dem Kauf einen monatlichen Mitgliedsbeitrag zahlen muss, um weiterspielen zu dürfen. Das GaaS-System heute sieht vor, dass man das Spiel zwar kaufen muss, danach aber alle Erweiterungen gratis erhält. Das steigert die Kauflust, denn ich bekomme einiges suggeriert: Der Entwickler setzt sein Vertrauen in das Produkt. Er glaubt, es ist jahrelange Pflege und Support wert. Das Spiel wird auf jeden Fall größer und besser werden. Man hat das Gefühl, dass man in die Zukunft investiert. Das alles hilft dabei, die Kaufentscheidung zu tätigen.
Knieschuss vorprogrammiert
Das Konzept geht aber nicht immer auf - Street Fighter V war Capcoms Versuch, das GaaS-Modell umzusetzen und am Anfang standen Ryu und Konsorten überhaupt auf schwachen Beinen. Ein Season Pass brachte allmählich Charaktere ins Spiel und stockte das Kämpferfeld auf: Dies war der ausgelegte Köder. Wo es Street Fighter verbockte, waren die überteuerten Kostüme und die fehlenden Features zum Spielstart, die man grundsätzlich von einem Game dieser Art erwartet, wie etwa der vergeblich gesuchte Storymode. Dieses Jahr will Capcom mit der Arcade Edition Boden gutmachen. Das Spiel an sich ist ja toll, also hat es sich eine zweite Chance verdient.
Es ist 2018 und wir sehen, wie sich weitere Spiele einen Fixplatz auf unserer Platte sichern wollen. Monster Hunter: World ist offensichtlich dafür gemacht. EA wird in UFC 3 ein Äquivalent des Ultimate Team-Aspekts einbauen. Sea of Thieves hat seine Route auch durch GaaS-Gewässer vorgezeichnet und Red Dead Redemption wird wohl versuchen in die Fussstapfen von GTA-Online zu treten.
Trend beobachten - Schlüsse ziehen
Wenn man als Spieler diesen Trend befeuert, wird sich das natürlich weiter auf die Branche auswirken. Manche mögen meinen, den Publishern bleibt mit einem Rennpferd wie R6, PUBG oder FIFA im Stall eine gewisse finanzielle Sicherheit erhalten, womit sie dann etwas entspannter interessante, kleinere Projekte wie A Way Out oder ein neues Crash Bandicoot entwickeln können. Andererseits ist es auch gut möglich, dass man nur noch seine zwei, drei Lieblingsspiele auf der Platte hat, die so involvierend und zeitaufwändig sind, dass man für andere Sachen keine Zeit mehr findet. Wo man früher 12-20 Spiele im Jahr durchgezockt hat, ist jetzt für kleinere Games kein Platz mehr.
Die Singleplayer-Spiele sind nicht verschwunden, aber die Idee einen schnellen Nachfolger rauszuschieben verblasst langsam. Die Entwickler wollen, dass wir ihr Game nicht einfach runterschlingen und dann weiterziehen. Sie wollen eine Bindung an ihr Produkt und setzen alles daran, damit wir es uns vor den Bildschirmen gemütlich machen und vor allem wiederkommen. Die Spielbranche hat schon viele Phasen durchgemacht und auch das wird ein weiterer Entwicklungsschritt sein, dessen Einfluss man erst im Nachhinein genau betrachten können wird. Im Gegensatz zu den letzten Jahren wartet man aber nicht mehr verzweifelt auf neue Games, man kann ja immer noch R6, MH:W oder FIFA spielen.