Kool Savas steht auf der Bühne bei Red Bull Symphonic.
© dieserbobby / Red Bull Content Pool
Rap 💯

„Das hat mich ehrfürchtig gemacht!“ – Kool Savas über Red Bull Symphonic

Am 13.10. erscheint sein erstes Live-Album seit über 10 Jahren: Kool Savas über das Gefühl, mit einem Orchester auf der Bühne zu stehen, seine Ehrfurcht vor klassischer Musik und 50 Jahre HipHop.
Autor: Ralf Theil
6 min readveröffentlicht am

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Red Bull Symphonic mit Kool Savas erscheint am 13.10.2023 als Album – Doppelvinyl und CD kannst du hier bestellen!
Hier lest ihr das erste Interview zu Red Bull Symphonic – und ihr dürft gespannt sein, denn in den nächsten Wochen nehmen wir euch noch weiter mit hinter die Kulissen und zeigen euch die Entstehungsgeschichte von Red Bull Symphonic. Stay tuned!

Das erste Interview zu Red Bull Symphonic

Red Bull: Wie ist jetzt, mit ein bisschen Abstand, dein Gefühl zu Red Bull Symphonic? Wie erinnerst du dich an den Auftritt?
Kool Savas: Ich war viel nervöser als sonst, weil ich so große Erwartungen hatte – und zwar nicht nur unmittelbar vor der Show, sondern wirklich den ganzen Monat davor. Die Euphorie kam, als ich gemerkt habe: Wow, das funktioniert ja! Die Leute haben richtig Bock darauf! Das hat den ganzen Stress wettgemacht.
Auch jetzt habe ich noch das Gefühl, mich an jeden Moment erinnern zu können. Das ist bei mir sonst überhaupt nicht so. Das Konzert hat auf jeden Fall tiefen Eindruck bei mir hinterlassen und ich bin extrem froh, dass ich diesen Punkt auf meiner Bucketlist abhaken konnte.
Kool Savas und Alies begeistern das Publikum bei Red Bull Symphonic.

Kool Savas performt mit Alies vor 2.000 HipHop-Fans in der Liederhalle.

© Michael Baumgärtner / Red Bull Content Pool

Du hast bisher erst ein einziges Live-Album gemacht, nämlich zu „Aura“, und das ist schon elf Jahre her. Reizt es dich, ein Konzert als Album zu konservieren, oder findest du das eher schwierig?
Live-Sachen wirken einfach anders. Auf der Bühne bin ich emotionaler und brülle bei manchen Songs vielleicht ein bisschen mehr, weil das in dem Moment funktioniert, weil ich die Resonanz erlebe und in den Gesichtern sehe. Wenn man sich das dann am nächsten Tag anhört, denkt man schon oft: Das ist ein bisschen übermotiviert. (lacht)
Aber vielleicht sage ich das auch nur über meine Musik, denn ich höre mir schon gerne Live-Alben an. Ich habe zum Beispiel früher sehr gerne Weather Report gehört, da fand ich es geil zu hören, dass die Menschen begeistert sind und selbst nach zehn Minuten immer noch klatschen und das feiern. Ich glaube, aus so einer Fan-Perspektive sollte man das machen – und das werde ich auch immer wieder machen, wenn der Moment stimmt.
Warum hast du in deiner Karriere bisher so selten mit Live-Musiker:innen gespielt?
Meine Musik ist zwar samplebasiert, hat aber eine bestimmte Soundästhetik, die schwer wiederzugeben ist. Wenn ein Max Herre mit Band auftritt, dann entspricht das zum Beispiel genau der Ästhetik seiner Musik, da gibt es eine Gitarre, eine Orgel, einen Bass … und bei mir ist es viel Zeug, das aus dem Computer kommt, das synthetisch oder stark bearbeitet ist. Ich habe gemerkt: Wenn ich das komplett live umsetze, geht die Energie flöten, die ich für meine Musik brauche.
Deshalb war ich jetzt auch glücklich, dass wir bei Red Bull Symphonic die Drum-Patterns nicht angefasst haben und teilweise sogar die Samples drin gelassen haben. Alles, was das Orchester spielt, war ergänzend und teilweise ja auch ganz anders, aber die Grundlage haben wir nicht verändert.
Kool Savas trinkt auf der Bühne von Red Bull Symphonic ein Red Bull.

Kool Savas auf der Red Bull Symphonic Bühne im Spotlight.

© dieserbobby / Red Bull Content Pool

War das deine Bedingung: Die Beats bleiben Beats?
Ich war da völlig offen, aber Lillo (Musical Director Lillo Scrimali, Anm. d. Verf.) hat das schon bei unserem ersten Treffen genauso vorgeschlagen. Es hätte keinen Sinn gemacht, einen echten Drummer dazu zu verdammen, wie ein Drumcomputer zu spielen. Meine Musik, und Rap-Musik allgemein, basiert auf den Drums, insofern war das die absolut richtige Entscheidung, damit der Charakter erhalten bleibt.
Lillo hat mir erzählt, dass ihr mit einer Vorauswahl von 30 Songs angefangen habt. Übriggeblieben ist etwa die Hälfte. Hat dir am Ende etwas gefehlt?
Es gab zwei Songs, für die ich aber einen Gast gebraucht hätte, und es war früh klar, dass diese Person nicht kommen kann. Ansonsten habe ich mich bewusst für ruhige Songs wie „Krieg und Frieden“ oder „Stärkster Mann“ entschieden. Ich wusste, dass ich etwas Kontrast zu Sachen wie „Futurama“ oder „Tribut“ brauche, damit auch diese filigranen Momente mit dem Orchester entstehen können.
Und welchen Song hast du am stärksten neu entdeckt durch das Arrangement?
„Nichts bleibt mehr“ hat für mich eindeutig die größte Wirkung. Das Intro zu „Tribut“ ist auch total krass, wie es so ganz langsam und ruhig anfängt, dann auf einmal diese Kurve kriegt und ins Große, Orchestrale mündet. Das finde ich großartig.
Alea von Saltatio Mortis performt gemeinsam mit kool Savas "Nichts bleibt mehr".

Alea teilt sich bei "Nichts bleibt mehr" die Bühne mit dem King of Rap.

© dieserbobby / Red Bull Content Pool

Auch HipHop als Ganzes steht ja dieses Jahr auf der großen Bühne, gerade wurde überall der 50. Geburtstag der Kultur gefeiert. Was macht das mit dir, nachdem du ja über die Hälfte der Zeit ein Teil davon warst?
50 Jahre HipHop, das ist natürlich ein Statement. Aber man muss auch sagen, dass das Movement sich inzwischen von dieser ursprünglichen Form von HipHop entfernt hat. Die gibt es bestimmt noch, aber in einem viel kleineren Rahmen. HipHop wird immer wieder neu geboren, und HipHop lebt ja auch davon, das Alte über Bord zu werfen.
Gerade die jüngeren Künstler:innen machen das nicht wie in der Rock’n’Roll Hall Of Fame, wo man sich darauf beruft, wo das alles herkommt. Im Rap wollen alle komplett unabhängig von dem sein, was vorher da war, und es auf eigene Faust machen. Deswegen fühlt es sich für mich nicht wirklich an wie 50 Jahre HipHop. Und deswegen bin ich dabei auch nicht so emotional geworden, wie ich es mir gewünscht hätte.
Du siehst mehr das Auf und Ab und die Veränderung als eine kontinuierliche Geschichte, verstehe ich dich richtig?
Genau. Ich wurde ja von gewissen Werten geprägt, in Bezug auf die Musik, aber auch auf die HipHop-Kultur. Und ich verstehe, dass andere diese Werte nicht annehmen müssen oder wollen. Aber es ist für mich natürlich schwer, meine Werte abzulegen und die Werte anderer anzunehmen. Mein HipHop fühlt sich irgendwie anders an, hört sich anders an und unterscheidet sich auch von der Substanz her.
Wenn wir jetzt wieder den Bogen spannen zu klassischer Musik, haben wir ja plötzlich eine Geschichte von 200 oder 300 Jahren. Man stellt sich in eine lange Tradition, wenn man sich mit einem Symphonieorchester die Bühne teilt.
Das hat mich schon ehrfürchtig gemacht. Ich habe großen Respekt vor diesem Kosmos, der schon so lange existiert und in dem das Handwerk eine ganz, ganz wichtige Rolle spielt. Wie die mit ihren Instrumenten umgehen, die sie ihr Leben lang gelernt haben – wenn ich ehrlich bin, erinnert mich das auch daran, wie ich Rap gelernt habe. Deswegen glaube ich, der Weg zur Klassik ist für mich fast einfacher als der Weg zu so einem modernen, aktuellen Rap-Sound, wo man schnell mal was dahinrotzt und veröffentlicht.
Badmómzjay und Kool Savas sorgen mit "Deine Mutter" und "Airplanes" für ein Highlight der Show.

Moments like these: Badmómzjay und Kool Savas.

© dieserbobby / Red Bull Content Pool

Du hast am Ende des Konzerts in Stuttgart gesagt: Wenn ich jetzt aufhören würde, Musik zu machen, hätte ich alles richtig gemacht. Würdest du das noch unterschreiben?
Es fühlt sich jetzt schon so an wie: Du hast im Rahmen dessen, was du früher mal für möglich gehalten hast, alles erreicht. Eigentlich sogar noch mehr. Mit einem Sound, mit einem Style und mit einer Aussage, hinter der du immer stehen kannst. Du gehst von der Bühne und bist im Einklang mit dir selbst.
Es gibt natürlich tausend Gründe, weiter Musik zu machen, und ich möchte weiter Alben machen und neue Songs produzieren. Aber wenn ich mir vorstelle, mit meinem Sohn in 20 Jahren ein Fotoalbum mit den Stationen meiner Karriere aufzuklappen … ja, das Red Bull Symphonic könnte auch wie ein Finale wirken.
Vielen Dank für deine Zeit.

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Liederhalle, Stuttgart
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