Klettern
Neue Höhen erklimmen: Sasha DiGiulian's Aufstieg in den Kletterolymp
Die US-amerikanische Kletterin Sasha DiGiulian hat im Laufe ihrer Karriere unglaubliche Leistungen vollbracht - und jetzt ist sie auch noch der Star einer TV-Dokumentation.
Sasha DiGiulian ist eine Klettersensation, die seit mehr als einem Jahrzehnt die Kletterwelt in Atem hält. Von hochkarätigen Indoor-Events bis hin zu kolossalen Outdoor-Expeditionen - ihr Mantra "einfach weitermachen" hat ihr geholfen, sich einen beeindruckenden Weg an die Spitze ihres Sports zu bahnen.
"Ich frage mich ständig, was ich noch tun kann oder welches Level ich noch erreichen kann", sagt DiGiulian, die sich in den letzten Jahren von einer Hüftoperation erholt und eine Autobiografie veröffentlicht hat. "Ich liebe und lebe für das Gefühl, etwas zu erreichen, von dem ich nicht wusste, dass ich es kann."
Anfang 2024 überraschte DiGiulian ihre Fans, indem sie sich für einen Triathlon anmeldete. Ihre Teilnahme am Ironman 70.3 in Panama zeigte ihre Vielseitigkeit und ihr Engagement als Sportlerin über ihre bekannten Kletterfähigkeiten hinaus.
Im Juni wurde der Dokumentarfilm "Here to Climb" veröffentlicht, der einen einzigartigen Einblick in ihren Weg vom Wunderkind zum Champion liefert. Er zeigt, wie sie die erste Frau wurde, die einige der höchsten und anspruchsvollsten Wände der Welt bezwang.
1 h 19 Min
Here to Climb
Vom Wunderkind zur Spitzensportlerin: die Dokumentation begleitet die professionelle Kletterin Sasha DiGiulian auf ihrem beeindruckenden Weg an die Spitze.
Lies einfach weiter, um alles über die außergewöhnliche Geschichte von Sasha DiGiulian zu erfahren!
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Wie kam Sasha DiGiulian zum Klettern?
1998 veranstaltete DiGiulians Mutter für den Bruder von Sasha eine Geburtstagsparty in einer Kletterhalle -- ein Ereignis, das die Liebe ihrer Tochter zu diesem Sport entfachte. Obwohl sie bereits andere Sportarten ausübte, machte es beim Klettern einfach "klick" für sie.
"Ich bin Ski gefahren, seit ich zwei Jahre alt war, habe Eiskunstlauf-Wettkämpfe bestritten, bin geschwommen und habe Fußball gespielt - all diese verschiedenen Sportarten", sagt DiGiulian. "Ich war so gut, wie eine Sechsjährige nur sein kann. Aber ich glaube, als mein Bruder Geburtstag hatte, fand ich das Klettern so toll, dass ich als Kind nicht viel darüber nachgedacht habe - außer, dass ich es wieder tun wollte."
In der Nähe von Washington DC geboren und aufgewachsen, schloss sie sich dem örtlichen Jugendkletterteam an. Sie ging regelmäßig in die Halle, aber es ging ihr nur darum, Spaß an den Wänden zu haben. Damals ahnte sie noch nicht, dass diese frühen Kletter-Erfahrungen sie zu erstaunlichen Höhen in der Welt des Profisports führen würde.
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Wann kam der große Durchbruch für Sasha DiGiulian?
An einem eigentlich ganz normalen, aber lebensverändernden Samstag veranstaltete DiGiulians örtliche Kletterhalle eine regionale Jugendmeisterschaft, und mit der Überredungskunst ihrer Mutter bekam Sasha einen Platz bei dem Wettbewerb.
"Ich habe in meiner Kategorie gewonnen, 11 Jahre und jünger. Ich war sieben und das war der Beginn meines Wettkampfkletterns", sagt sie. "Für mich ging es nur darum, an die Spitze zu kommen. Ich habe nicht viel darüber nachgedacht - es war eine schöne Zeit ohne Druck. Ich wollte einfach nur klettern, und ich glaube, ich war von Natur aus begabt dafür. Als kleines Kind habe ich es einfach genossen und feierte den Sieg natürlich."
Da sie eine Doppelstaatsbürgerschaft besitzt (USA und Kanada), nahm DiGiulian sogar von Kanada aus an Wettkämpfen teil und wechselte von lokalen und regionalen Wettkämpfen zu Jugendwettkämpfen. Ihren ersten internationalen Sieg errang sie im Alter von 11 Jahren im Jahr 2003. "Und das war es dann, was ich in den nächsten anderthalb Jahrzehnten gemacht habe", sagt sie. "Ich kletterte mich durch alle Ränge des Jugendkletterns."
Im Jahr 2011, als sie 18 war, kam ihr "Durchbruchsjahr", wie sie es nennt, als sie in Arco, Italien, Weltmeisterin wurde. Sie gewann dreimal die nationale US-Meisterschaft und blieb von 2010 bis 2018 als Female Open Pan American Champion ungeschlagen.
Aber trotz dieser Erfolge bei Wettkämpfen waren es die Felsen in der freien Natur, die einen ganz besonderen Reiz auf sie ausübten.
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Die größten Erfolge von Sasha DiGiulian
Nach den Weltmeisterschaften suchte sie nach weiteren Herausforderungen. "Ich fing an, mehr draußen zu klettern und verliebte mich in das Klettern in der Natur und das grenzenlose Potenzial, das der Fels bietet", erinnert sie sich. "Langsam ging ich weg von den Wettkämpfen in der Halle und bewegte mich hin zur Natur, den Wurzeln des Sports."
Genau wie in der Halle kamen auch am Fels schnell große Erfolge -- und zwar einer nach dem anderen. 2011 wurde sie die erste US-Amerikanerin die eine Route im Schwierigkeitsgrad 5.14d (9a) schaffte und die dritte Frau weltweit die "Pure Imagination" in der Red River Gorge in Kentucky absolvierte. Im darauffolgenden Jahr schaffte sie mit "Era Bella" in Margalef, Spanien, eine weitere 9a. "Ich glaube, in solchen Momenten ist man einfach stolz auf sich selbst - so ging es mir auch - ich war absolut ungläubig über meine eigene körperliche Leistung und von meinen eigenen Fähigkeiten total überrascht", erinnert sie sich.
"Und das ist wirklich beeindruckend, denn wenn du merkst, dass du dich selbst auf diese Weise überraschen kannst, beginnst du auch an andere Momente zu denken, in denen du dich vielleicht noch selbst überraschen und etwas tun kannst, von dem du nicht einmal wusste, dass du dazu fähig bist."
Beflügelt von diesen ersten herausragenden Climbs wagte sich DiGiulian an die großen Wände. Über ihre erste Expedition zur 366 m hohen Bella Vista in den Dolomiten sagt sie: "Ich war total überwältigt von dieser riesigen Wann, denn manchmal sieht man eine große Wand und man fühlt sich so klein, dass man völlig vergisst, wozu man fähig ist. Es ist wie eine Metapher: Auch wenn wir klein sind, können wir große Dinge tun."
DiGiulian hat mehr als 30 Erstbegehungen, darunter "Rolihlahla" in Brasilien, "The Misty Wall" im Yosemite National Park und "Mushroom" (7c+) in der Eigernordwand. Für ihre unglaublichen Triumphe erhielt sie prestigeträchtige Auszeichnungen wie den Cutting Edge Athlete-Award, den Golden Piton Award und den Arco Rock Legend Award.
Aber ihr Ehrgeiz forderte auch seinen Tribut und sie war gezwungen, eine Auszeit zu nehmen.
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Warum musste sich Sasha DiGiulian einer Hüftoperation unterziehen?
Im Jahr 2020 erhielt DiGiulian die erschreckende Diagnose einer Hüftdysplasie, eine angeborene Fehlbildung, die sie unwissentlich seit ihrer Geburt hatte. "Im Laufe eines Jahres hatte ich einen Riss der Gelenklippe, da ich fünf Hüftoperationen hatte", sagt sie. "Mein Beckenknochen war an vier verschiedenen Stellen gebrochen, mein Oberschenkelkopf wurde rasiert und das Labrum wieder zusammengenäht. Dann wurde meine Hüfte zweimal rekonstruiert - es waren zwei 10-stündige offene Hüftoperationen und drei weitere Operationen."
"Ich musste das Klettern völlig neu erlernen", sagt sie. "Meine Hüftflexibilität war etwas, auf das ich mich sehr verlassen habe, weil ich hyperbewegliche Hüften hatte. Aber jetzt, mit meinen neu konstruierten Hüften, muss ich mich auf die Kraft verlassen, und das hat meinen Körper auf eine positive Art und Weise verbundener gemacht. Ich habe diese neu entdeckte Kraft, von der ich vorher nicht wusste, dass sie existiert."
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Rayu
Sasha DiGiulian, Matilda Söderlund und Brette Harrington sind das erste reine Frauenteam, das Rayu besteigt.
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Wie schaffte Sasha DiGiulian nach ihrer Hüftoperation das Kletter-Comeback?
Nur fünf Wochen nach ihrer Operation (im Jahr 2021) gelang ihr eine monumentale Erstbegehung der "Logical Progression", einer 914 m hohen Route.
Aber das ist noch nicht alles: Zusammen mit Matilda Söderl und und Brette Harrington bezwang sie 2022 furchtlos "Rayu" - 671 m, Schwierigkeitsgrad 5a bis 9c - eine Big-Wall-Route im Schwierigkeitsgrad 5.14b in den spanischen Picos de Europa.
"Ich glaube, dass Klettern ein sehr mentaler Sport ist", sagt sie. "Wenn es an die Grenzen deiner körperlichen Fähigkeiten geht, weißt du nie, ob du es schaffen wirst. Und manchmal ist es dein Verstand, der dich zurückhält, denn wenn du nicht an dich selbst glaubst, bist du dein einzig wahrer Gegner und du trittst nur gegen dich selbst an."
Ich glaube, dass Klettern ein sehr mentaler Sport ist.
Diese Leistung ist nicht nur historisch bedeutsam, da sie zu den härtesten Big-Wall-Kletterei im weiblichen Profiklettern darstellt, sondern auch ein Beweis für DiGiulians Comeback-Qualitäten nach ihrer schweren Verletzung. "Ich bin mega happy, dass ich die Verletzung überwunden habe und so erfolgreich in meinen Sport zurückgekehrt bin", sagt sie stolz.
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Was ist mit Sasha DiGiulians Vater passiert?
Der plötzliche Verlust ihres Vaters hat DiGiulians Perspektive verändert.
"Ich habe meinen Vater sehr plötzlich verloren, und ich glaube, das hat meine Sichtweise, ein Leben zu führen, für das ich mich leidenschaftlich interessiere und das zu tun, was ich liebe, definitiv beeinflusst, aber ich habe auch verstanden, dass man nicht alles als selbstverständlich ansehen kann", sagt sie.
"Ich denke, meine Philosophie ist es, immer so gut wie möglich zu sein - mich körperlich anzustrengen, aber auch innerlich geerdet zu bleiben und mich daran zu erinnern, warum ich diesen Sport liebe."
Trotz ihrer glanzvollen Karriere hat sie sich ihren Erfolg nie zu Kopf steigen lassen und schätzt ihre Community. "Ich denke, sportliche Erfolge sind wichtig", sagt sie. "Aber eine der wichtigsten Seiten ist, dass ich die richtigen Leute um mich herum habe, denen ich vertrauen kann, und ich glaube, das ist vielleicht wichtiger als alles andere."
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Sasha DiGiulians Trilogie in Kanada
Sasha DiGiulian bahnt sich ihren Weg nach oben auf drei der härtesten Routen Kanadas - ohne Musik und in Zeitlupe.
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Sasha DiGiulian hat ihr eigenes Unternehmen für Energiesnacks
DiGiulian kümmert sich selbst um ihre Sponsorenverträge und ihr Bankkonto, seit sie 12 Jahre alt ist. "Ich glaube, ich war auf dieser Mission, weil ich zeigen wollte, dass Klettern ein legitimer Sport ist", sagt sie. "Ich wollte ihnen [ihren Eltern] zeigen, dass ich es kann und dass ich mein eigenes Geschäft führen kann."
Dieser unternehmerische Drang führte dazu, dass DiGiulian einen jahrzehntelangen Traum verwirklichte und Send Bars gründete, ein Unternehmen für nahrhafte Energiesnacks.
"Ich glaube, das Klettern hat mir in vielerlei Hinsicht geholfen, ein Unternehmen zu gründen, denn wenn du ein Expeditionsteam anführst, ist es, als würdest du eine Gruppe von Leuten leiten und du bist auf einer Mission, um etwas zu erreichen", erklärt sie. "Ich mag diesen Aspekt des Kletterns sehr und habe festgestellt, dass mein Background, der ursprünglich aus dem Wettkampfklettern und dann aus dem Sportklettern stammt, und das Klettern in größeren Wänden sich gegenseitig ergänzen und beflügeln. In gewisser Weise ist es eine logische Entwicklung."
Abgesehen vom Klettern ist Sasha DiGiulian ein Fan von Serena Williams und Taylor Swift. Außerdem kocht sie gerne und verbringt Zeit mit den Menschen, die ihr nahestehen. "Ich glaube, dass die Menschen, die uns am nächsten stehen, unsere Inspirationen und Mentoren sind", sagt sie. "Wir können diese Idole haben, die weit weg sind und fast größer als die Realität. Aber die Menschen, mit denen wir tagtäglich zu tun haben, sind die, von denen wir wirklich lernen können."
DiGiulian hat auch ihre Memoiren über das Erwachsenwerden mit dem Titel "Take the Lead" verfasst, die Anfang dieses Jahres veröffentlicht wurden.
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Sasha DiGiulian's Vision: Erfolg durch Ausgeglichenheit, Gesundheit und Empowerment
Sasha DiGiulian hat eine klare Philosophie, was ihre kommenden Ziele angeht: "Ich glaube nicht, dass es für mich eine ultimative Herausforderung gibt, sondern eher eine Zusammenstellung verschiedener Erfolge auf dem Weg dorthin. Ich bin sehr zufrieden mit dem, was ich erreicht habe. Es gibt nicht den einen Moment, an dem meine Geschichte geschrieben wird, sondern immer wieder neue Dinge und neue Herausforderungen."
Und was ist ihr Motto? Gesund bleiben und "auf dein Bauchgefühl hören", wie sie betont. "Wenn du abnimmst, ist das wie eine schnelle Lösung zur Leistungssteigerung, die zu Verletzungen führt und eine Menge negativer Folgen hat. Ich glaube, wenn du jemand sein willst, der lange Leistung bringt und eine lange Karriere hat, musst du gesund sein, dich richtig ernähren und auch Kraft aufbauen."
Zurzeit setzt sich DiGiulian für die Stärkung von Frauen und den Klimaschutz ein, wobei sie immer wieder neue Höhen erklimmt und auf ihre eigene, unnachahmliche Art "leidenschaftlich lebt".
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