Gemütliches Bad: Wim Hof kann knapp zwei Stunden im Eis verharren.
© Henny Boogert

Wim Hof: Der Meister des Eisbadens und seine Methode auf dem Prüfstand

Journalist Scott Carney hielt Kälte­künstler Wim Hof für einen Scharlatan. Wollte ihn eiskalt überführen. Das Ergebnis: Er wurde Fan des „Iceman“.
Von: Josh Rakic
5 min readUpdated on
Um extreme Kälte zu überstehen, braucht Wim Hof nur die richtigen Gedanken, eine spezielle Atemtechnik und Shorts. Das brachte dem mittlerweile 63-jährigen Niederländer den Spitznamen „The Iceman“ ein – und einiges an kritischem Zweifel.
Der US-Investigativjournalist Scott Carney, 44, wollte Hof als Scharlatan überführen. Dessen Fähigkeiten seien einfach eine genetische Laune der Natur, fernab jeder – von Hof behaupteten – nachahmbaren Methode.

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„Ich traf Wim das erste Mal 2011. Ich hielt seine Behauptungen für gefährlich, ihn selbst für einen dieser selbsternannten Gurus“, sagt Carney. „Aber ich lag ordentlich daneben.“

Kälte-Resistenz liegt in unserer DNA

Wie Carney in seinem Buch „Extrem gesund“ erklärt, lösen Hofs Methoden tief in unserer DNA verborgene Reaktionen aus. Die sich evolutionär ganz einfach erklären lassen, denn unsere Vorfahren mussten sich ja, um als Spezies zu überleben, extremen Umwelteinflüssen anpassen. Diese Fähigkeit hat sich unser Körper bewahrt.
Seit Jahrzehnten der „Ice Man“: Wim Hof

Seit Jahrzehnten der „Ice Man“: Wim Hof

© Henny Boogert

Carney: „Was die Wim-Hof-Methode und – wichtiger noch – die Evolutionsbiologie zeigen: Ständig wechselnde Umwelteinflüsse wecken in uns erstaunliche Fähigkeiten. Die gesamte, durch Jahrmillionen an Evolution gestählte Maschinerie wird in Gang gesetzt, unser Körper kann sich auf Kälte, Hitze und Höhe extrem gut einstellen. Du kannst sogar deine Körpertemperatur bewusst erhöhen!“ Man überlege nur, was das für unsere Heizkosten bedeuten könnte!
Hofs unglaubliche Leistungen, darunter die Besteigung des Mount Everest mit freiem Oberkörper, fußen auf den drei Schritten seiner „Wim Hof Methode“ – Kältetherapie, bewusstes Atmen und mentale Entschlossenheit. Deren Wirksamkeit wurde für Scott Carney klar, als er Zeuge einer speziellen Studie von Hof und zwölf seiner Studenten wurde. Diese waren ihrer Lage, ihr Immunsystem derart zu verbessern, dass sie den Auswirkungen einer Injektion mit toten E.coli-Bakterien trotzen konnten. Seitdem vertritt Carney die Meinung, dass Hof eine in der Evolution verloren geglaubte Kraft der Menschen wiederentdeckt hat, wie er im Interview erklärt.
Scott Carney (ausnahmsweise bekleidet) verliebte sich in Kälte.

Scott Carney (ausnahmsweise bekleidet) verliebte sich in Kälte.

© Sonya Doctorian

THE RED BULLETIN: Scott, du bist ein Zyniker, aber nun von Hofs Methoden überzeugt. Wie kam das?
SCOTT CARNEY: Als ich Hof 2011 erstmals begegnete, war ich mir sicher, dass ich ihn einfach als einen weiteren dieser falschen Gurus mit ihren Wunderheilungen entlarven werde. Ich hatte gerade ein Buch über Menschen geschrieben, die durch ihren Glauben an derartige Superkräfte ums Leben gekommen sind. Ich war wirklich überzeugt, dass Wim ein Scharlatan ist, der Menschen durch irgendwelche Tricks in lebensbedrohliche Situationen bringt. Aber wie sich herausstellte, ist er kein Betrüger.
Obwohl du aus Colorado bist, warst du nie auf einem Berg. Mit Wim bist du dann aber auf den Kilimandscharo geklettert – lediglich in Shorts.
Wenn ich ein Tier wäre, wäre ich wohl eine Qualle. Ich war nie wirklich sportlich, bin nicht unfit, aber weit entfernt von wirklich fit. Dennoch haben wir für den Aufstieg damals lediglich 28 Stunden benötigt, normalerweise benötigt man für diese Tour fünf Tage. Dank Wims Methode konnten wir den natürlichen Gefahren der Umwelt trotzen.
Wie funktioniert die „Wim Hof Methode“?
Zuerst muss man sich Kälte aussetzen. Man kann sich in den Schnee legen, kalt duschen oder ein Eisbad nehmen. Ziel ist es, die automatische Antwort des Körpers auf diesen Kälteschock, das Zittern, zu unterdrücken. Dadurch zwingt man den Körper, sich auf eine andere Art aufzuwärmen. Und es geht um bewusste Atmung, die aussieht, als würde man hyperventilieren. Dann muss man mit leeren Lungen die Luft anhalten. Das wiederholt man immer und immer wieder. Ich habe so gelernt, meinen Atem drei Minuten anzuhalten und 40 Liegestütze zumachen, ohne einen Atemzug zu nehmen.
Man kann sich nur durch die Kraft seiner Gedanken aufwärmen?
Ich weiß, es klingt total bescheuert. Was mich an dieser Methode so interessiert hat, war, automatische Prozesse im Körper zu kontrollieren. So gelingt es Dir, das Hirn auszutricksen, Limits leichter zu überschreiten und 10 bis 20 Prozent mehr aus dir herauszuholen.
Wim Hof ist ein Meister der Körperbeherrschung.

Wim Hof ist ein Meister der Körperbeherrschung.

© Getty Images

Im Buch sprichst du auch an, dass man durch diese Technik Krankheiten bekämpfen kann.
Ich habe Menschen beobachtet, die mit seiner Methode ziemlich schwere Krankheiten behandelt haben. Man kann sie nicht heilen, aber man wird leichter damit fertig. Ob rheumatoide Arthritis, Morbus Crohn oder Parkinson.
Du hast seine Methoden fünf Jahre lang erforscht. Warum funktionieren sie?
Der moderne Mensch ist anatomisch gesehen ungefähr 2000 Jahre alt. In dieser Zeit hat es – angefangen beim Feuer – einiges an wissenschaftlichem Fortschritt gegeben. Wir sind aber immer noch denselben Umweltbedingungen ausgesetzt. Warm am Tag, kalt in der Nacht. Dazu kommen noch die Jahreszeiten. Unsere Körper haben sich so entwickelt, um sich diesen zyklischen Änderungen anzupassen. Heutzutage beträgt die Umgebungstemperatur für den menschlichen Körper dank Heizungen und Klimaanlagen beinahe ständig 22 Grad. Sowohl die Wim-Hof-Methode als auch die Evolutionsbiologie zeigen, dass dein Körper sich anpassen muss, wenn du wieder Variationen in deine Umwelt einführst. Er sagt quasi zu sich selbst: „Hey, es ist kalt, ich werde mich aufwärmen.“
Und so konnte Wim Hof auch die Auswirkungen einer E.coli-Infektion abwehren?
Er behauptete, dass er sein Immunsystem beherrschen könne. Also injizierten Ärzte ihm in einem Labor tote E.coli-Bakterien. 99 Prozent aller Menschen bekommen davon Fieber. Wim konnte die Reaktion seines Körpers aber kontrollieren und bekam kein Fieber. Die Ärzte nahmen an, dass es sich um eine genetische Anomalie handeln muss. Ein Jahr später testeten sie zwölf Studenten, die eine Woche lang mit Wims Methode trainiert hatten. Auch sie zeigten keine Reaktion auf die Infektion. Spätestens da realisiert man, dass an der „Wim Hof Methode“ etwas dran sein muss.