Rallye

Travis Pastrana & Luc Ackermann: Wie man fliegt

Interview: Amerikas Actionsport-Legende trifft auf Deutschlands größtes FMX-Talent.
Autor: Andreas Rottenschlager
4 min readveröffentlicht am
Boonah, Australia

Luc Ackermann in Boonah - 2013

© Mark Watson/Red Bull Content Pool

Travis, du bist elf­facher X­Games-­Sieger, hast den ersten Doppel­Backflip auf einem Motorrad gelandet: Was ist die wichtigste Eigenschaft eines Freestyle­-Motocrossers?
Travis Pastrana: Du musst Risiken analysieren lernen. Es gibt Rennfahrer, die ihr Motorrad am Rundkurs beherrschen, und Freestyler, die komplizierte Tricks in der Luft zeigen. Beim Freestyle-Motocross musst du beides kombinieren. Du brauchst dicke Eier, darfst aber nicht übermütig werden – sonst tut’s weh.
Wie erkennt ein Fahrer, welchen Trick er nicht springen sollte?
Travis Pastrana: Es gibt eine innere Stimme, die fragt: „Ist der Trick das Risiko wert?“ Heutzutage können Athleten ihre Sprünge mithilfe riesiger Landekissen oder Foam-Pits (mit Schaumstoffquadern gefüllte Gruben) weitgehend gefahrlos trainieren. Die Tricks werden immer komplizierter, gleichzeitig entwickelt sich das Material weiter. Du musst für dich selbst herausfinden, ob deine Chancen gut genug stehen.
Luc, du hast deinen ersten Backflip
 in einem Bewerb als Zwölfjähriger gelandet – ein Weltrekord. Wie nähert man sich diesem Trick an?

Luc Ackermann: Ich habe meinen Bruder Hannes beim Training beobachtet – der ist vierfacher deutscher FMX-Meister. Ich wollte den Trick nachmachen. Meinen ersten Rückwärtssalto habe ich am Mountainbike in ein Foam-Pit am Fußballplatz von Niederdorla in Thüringen versucht. Als ich die Bewegung beherrschte, wechselte ich aufs Minibike, später auf die 85-ccm-KTM.

Travis Pastrana: Als ich ein Teenager war, wusste man noch nicht einmal, ob Backflips auf Motorrädern überhaupt möglich sind. Im Jahr 2000 probierte es Carey Hart (FMX-Profi aus Las Vegas, Ehemann der Popsängerin Pink) als einer der Ersten und stürzte. Eine Woche später versuchte ich den Backflip bei den X Games in San Francisco, brach mir den Fuß und bekam Hausarrest von meiner Mutter.

Wie bereitet man sich auf Stürze vor?
Travis Pastrana: Je besser dein Körper trainiert ist, desto leichter steckt er den Aufprall weg. Du musst stark und gleichzeitig beweglich sein. Du solltest ein Motorrad in der Luft über deine Schultern wuchten und dich wieder auf die Maschine zurückziehen können. Wenn ich als Jugendlicher gewusst hätte, welche Tricks eines Tages möglich sein werden, hätte ich Kunstturnen und Gymnastik geübt.
Luc Ackermann: Ich probiere neue Tricks zuerst am Trampolin. Außerhalb der Saison geht’s täglich ins Fitness-Studio. Bei Stürzen hast du zwei Möglichkeiten: am Motorrad bleiben und die 30 Zentimeter Federweg ausnutzen oder das Motorrad in der Luft wegwerfen. Man kann solche Situationen nur schwer trainieren. Ich bin früher viel Mountainbike gefahren und öfter gestürzt, das hilft.
Der Vorteil der jungen Generation: Luc kann sich alle Tricks auf YouTube ansehen. Wie haben die FMX-­Pioniere dieses Problem gelöst?

Travis Pastrana: Wir haben uns VHS-Camcorder auf die Helme geklebt – klobige Dinger (gängige Modelle wogen etwa drei Kilogramm), in die man Kassetten einlegen musste. Später kam das Video „Crusty Demons of Dirt“ heraus – ein Meilenstein, weil du Freestyle-Motocross erstmals in voller Bewegung gesehen hast. Dann gab es noch Magazine, wie „Racer X“ oder „Transworld MX“.
Der Nachteil: Auf den Bildern hast du nie gesehen, wie oft es die Leute bei der Landung zerlegt hat. Die meisten Magazine weigerten sich, über Freestyle-Motocross zu berichten – sie hielten es für zu gefährlich.
Luc, was lernt ein junger Fahrer beim YouTube­-Studium?
Luc Ackermann: Du gibst zum Beispiel
 „360 Freestyle“ ein und siehst, wie Blake Williams den Trick springt – eine Drehung um 360 Grad am Motorrad. Beim Backflip oder dem „360“ musst du an einem bestimmten Punkt am Motorrad ziehen, nachdem dein Vorderreifen die Rampe verlassen hat. Diesen Punkt kannst du im Video suchen. FMX lebt vom wilden Image der Athle­ten.
Brauchen Freestyle­ Motocrosser die Disziplin von Profisportlern?
Travis Pastrana: Ich hatte einen Ernährungsplan, als ich noch Motocross-Rennen gefahren bin. Wenn wir mit der „Nitro Circus“-Crew auf Tour gehen, essen wir, was wir wollen, und gehen feiern. Aber wenn es darauf ankommt, zählt nur deine Fitness, und die setzt Training voraus.
Luc meinte, er möchte neben seiner FMX­-Karriere Abitur machen. Wie war der Teufelskerl Pastrana als Schüler?
Travis Pastrana: Ich war ein Musterschüler. Andernfalls hätten mir meine Eltern das Motorrad weggenommen.

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Luc Ackermann

Sein Motto: Gib alles oder geh nach Hause!

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