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TikTok-Tänzer Noel Robinson alias noelgoescrazy posiert für ein Foto in München.
© Markus Burke/The Red Bulletin
Tanz
Noel Robinson: Der schüchterne Tänzer aus München ist ein Social Media-Hit
Der 22-Jährige begann mit Social Media, um für seinen Tanzunterricht zu werben - jetzt ist der Deutsche ein Superstar mit Millionen von Fans weltweit. Hier erfährst du, wie er das geschafft hat.
Autor: Pauline Krätzig
10 min readPublished on

Wie bist du zum Tanzen gekommen?

Noel Robinson: Ich war früher eher schüchtern, wenn es ums Tanzen ging. Ich dachte: "Nein, das möchte ich lieber nicht." Aber ich habe mir immer Tanzvideos angeschaut und irgendwann, als ich 16 war, dachte ich: "Okay, ich will auch tanzen können." Und dann habe ich es einfach mal ausprobiert. Ich habe mich in einem Zimmer eingeschlossen, Musik aufgelegt und einfach getanzt. Da habe ich gemerkt, dass es ein schönes Gefühl ist, frei zu sein, nicht darüber nachzudenken, wie man aussieht, sondern sich einfach zu bewegen. Von da an habe ich mir gesagt: "Jetzt werde ich jeden Tag tanzen und üben, und ich will richtig gut tanzen können", und dann ging es los.

Noel Robinson lernt neue Moves.
Man soll nicht darüber nachdenken, wie man aussieht, sondern einfach tanzen© Markus Burke/The Red Bulletin

Wer waren deine Vorbilder?

Ich hatte nur einen Tänzer, der mein Vorbild war -- sein Name ist Kida the Great. Er hat mich sehr inspiriert. Schon bevor ich getanzt habe, habe ich mir seine Videos angesehen. Und als ich mir das Tanzen beibrachte, sah ich mir seine Videos in meinem Zimmer an. Ich stellte sie auf Zeitlupe und versuchte, die Moves nachzumachen. Er war definitiv mein Vorbild - auf Social Media und als Tänzer.

Wie würdest du deinen Tanzstil beschreiben?

Ich tanze hauptsächlich Hip-Hop, aber ich habe mit Freestyle angefangen. Ich ging in die Tanzschule, um Choreografien zu lernen, was besonders für Videos wichtig ist. Seit 2022 habe ich auch Afro im Repertoire.

Was fasziniert das Publikum am Tanzen?

Ich denke, es ist einfach ein schöner Vibe - du tanzt, du lächelst und es sieht nach Spaß aus. Manchmal sitzt man vor seinem Handy und muss einfach mitmachen. Egal, in welcher Sprache gesungen wird oder woher die Musik kommt, jeder kann sich dazu bewegen und mitmachen.

Noel Robinson tanzt mit anderen.
Es geht nur darum, Spaß zu haben und Connections zu finden© Markus Burke/The Red Bulletin

Warum hast du angefangen, deine Tanzvideos auf TikTok hochzuladen?

Ich wollte eigentlich nur ein bisschen mehr Reichweite auf Social Media. Damals habe ich Tanzunterricht gegeben und mein Ziel war es, Leute zu meinen Kursen zu locken. Ein Freund hatte mir gesagt, dass es einfach ist, als Tänzer auf TikTok Reach aufzubauen. Das war der einzige Grund, warum ich angefangen habe. Ich sagte mir: "Ich tanze. Ich tue das, was ich liebe, nur auf einer anderen Plattform." Ob das nun Instagram oder TikTok ist, spielt eigentlich keine Rolle.

Wann hast du dich für den Afro-Look entschieden?

Früher wollte ich mir die Haare lang wachsen lassen, aber ich hatte keine Lust, sie zu pflegen. Ich wollte sie nicht kämmen, bis ich 10 oder so war. Deshalb hatte ich auch immer Stress mit meinem Vater. Er wollte mir immer die Haare abschneiden. Und dann habe ich gesagt, dass ich sie so haben will wie die aus High School Musical. Der hat richtig schöne Korkenzieherlocken. Und bevor ich meine Haare ausgekämmt habe, hatte ich auch solche Haare. Ich weiß nicht, warum, aber mein Vater mochte das nicht. Er fand, dass es nicht so ordentlich aussah, er wollte, dass alles seine Form hat. Dann lernte ich, wie man meine Haare richtig pflegt, und alle fingen an, meine Haare zu lieben - auch mein Vater. So hat es angefangen.

Noel Robinson Porträtfoto.
Sein Afro ist zu seinem Look geworden, und alle lieben ihn© Markus Burke/The Red Bulletin

Über welche Reaktionen freust du dich am meisten?

Was ich sehr cool finde, ist, dass Mütter mit Kindern, die wie ich einen gemischten ethnischen Background haben oder schwarz sind, immer zu mir kommen und sagen: "Seit meine Tochter deine Videos gesehen hat, trägt sie ihr Haar mit Stolz. In der Schule haben Kinder zu mir gesagt: "Du hast komische Haare", und sie haben gelacht. Das macht Kinder natürlich unsicher. Und ich habe oft gehört: "Seit mein Sohn deine Videos gesehen hat, liebt er seine Haare und er will sie noch länger wachsen lassen. Das ist ein sehr, sehr cooles Feedback -- das schönste, um ehrlich zu sein.

Wie kamst du auf die Idee, deinen Afro aus der Kapuze zu ziehen?

Damals war ich bei weitem nicht so groß wie heute. Ich habe damit angefangen, als ich noch im Training war. Irgendwann hatte ich ein oder zwei Millionen Follower und konnte schon davon leben. Das hat meine Eltern natürlich erst einmal beruhigt, denn sie sahen, dass Geld hereinkam, von dem ich problemlos leben und sogar ausziehen konnte, also war das überhaupt kein Problem. Aber es war nicht so, wie es jetzt ist.

Es gab verschiedene Stufen. Mein erster viraler Hit war ein Video, in dem ich mit einem Polizisten in München tanze, ich ging einfach hin und fing an zu tanzen. Das war das erste Video, das millionenfach aufgerufen wurde. Ein Video, das noch mehr Hits erzielte -- ich glaube, es hatte damals etwa 40 Mio. Aufrufe -- war eines mit meinen Haaren. Es war gerade Lockdown und ich musste mir etwas einfallen lassen, weil ich wegen Covid nicht draußen tanzen konnte. Also habe ich ein Video gemacht, in dem ich meine Haare zu einem Sound aus meiner Kapuze springen ließ, und plötzlich hatte es 40 Mio. Views. Das war kurzzeitig mein Ding in der Zeit, als ich draußen nichts machen konnte.

Dann kam eine Zeit, in der die Entwicklung ins Stocken geriet. Erst wuchs ich von 300.000 auf 1 Mio. Follower, dann blieb ich über ein Jahr lang bei 1 Mio. stehen. Ein Jahr lang ging es einfach so konstant weiter. Ich war ein bisschen frustriert, aber dann habe ich wieder angefangen zu tanzen, und eines Tages habe ich meine Haare wieder ins Spiel gebracht. Ich ging auf einen Wachmann zu und zog meine Kapuze herunter. Er war auf einmal so happy und umarmte mich. Dann habe ich einen Soundtrack darüber gelegt, und das Video hatte plötzlich 100 Mio. Aufrufe. Von diesem Tag an habe ich meine Haare wieder voll ins Spiel gebracht. Ich habe diesen Move immer und überall gemacht: Beim Arzt, auf der Polizeiwache, überall, und alle Videos gingen viral.

So fing der Hype erst richtig an, aber das Problem war, dass ich nicht nur dafür bekannt sein wollte, dass ich meine Kapuze herunterziehe, also habe ich es wieder mit dem Tanzen kombiniert, und alles wurde total verrückt.

Mit welchen Erwartungen hast du dein Ding begonnen?

Als ich anfing, wusste ich, dass das etwas werden könnte. Ich war von Anfang an zuversichtlich und beschloss, dass ich von nun an drei Videos pro Tag veröffentlichen würde, um zu sehen, was passiert. Aber natürlich habe ich nie erwartet, dass ich eines Tages 40 Millionen Follower auf irgendeiner Plattform haben würde.

Wie war die Entwicklung vom Tänzer zum Creator für dich?

Ich musste definitiv meine Denkweise ändern. Als Tänzer habe ich einen gewissen Stolz, und die TikTok-Moves sind eher eine Art Vibe als echtes Tanzen. Aber meine Follower können sie leicht nachmachen, was ich toll finde. Irgendwann habe ich mir gesagt: Solange ich die Leute zum Lächeln bringen kann, bin ich glücklich.

Was sagen deine Eltern zu deinem Leben als Creator?

Meine Eltern haben mir beigebracht, dass es cool ist, das zu tun, was dir im Leben Spaß macht. Sie haben mir nie gesagt, dass ich dieses oder jenes studieren oder tun muss. Sie haben immer gesagt, dass es am wichtigsten ist, Spaß zu haben. So bin ich aufgewachsen. Ich habe immer gedacht, dass ich nie etwas nur wegen des Geldes machen würde, wenn es mir keinen Spaß macht. Mit dieser Einstellung wurde ich erzogen. Tu immer das, was dir Freude macht, ohne dich darum zu kümmern, was andere sagen. Diese Mentalität habe ich mir immer bewahrt, und deshalb mache ich heute, was ich mache.

Noel Robinson Porträtfoto.
Es geht immer darum, Spaß zu haben© Markus Burke/The Red Bulletin

Wie spontan sind deine Videos?

Ich mache meine Videos in der Öffentlichkeit, aber die Leute sehen nicht, was alles dahinter steckt. Wenn ich an einem öffentlichen Ort bin passiert es häufig, dass die Leute auf mich zu kommen und Fotos machen wollen. Das bedeutet, dass es oft unmöglich ist, etwas mit jemandem zu filmen, ohne dass er es sofort bemerkt. Je berühmter ich also werde, desto schwieriger wird es auch. In anderen Ländern kommt es oft vor, dass Leute mich sogar fragen: "Hey, können wir ein Video machen?" Oder wenn ich an einem Restaurant vorbeikomme, legen viele Leute gleich ihr Handy weg und warten darauf, dass ich loslege. Das ist immer etwas anders. Es hängt einfach davon ab, ob ich erkannt werde.

Hast du Pläne für neue Formate?

Ja, nach all den kurzen Tanzvideos denke ich gerade über YouTube-Langformate nach. Vielleicht kommt da auch mehr Sprech-Content und vielleicht baue ich neue Elemente ein, die nichts mit Tanzen zu tun haben. Ich möchte meinen Horizont auf irgendeine Weise erweitern.

Welches Land war bisher dein Lieblingsland?

Brasilien. Ursprünglich wollte ich nur zwei Wochen bleiben, aber am Ende waren es zwei Monate. Brasilien war eines der schönsten Länder. Und auch Ägypten. Ich hatte es nicht erwartet, aber Ägypten war das Land mit dem größten Hype. Schon nach drei Tagen wurde er immer intensiver. Das ging so weit, dass ich nicht einmal mehr vor die Tür gehen konnte. Es war wirklich intense. An meinem letzten Tag habe ich sogar ein Fantreffen organisiert, um mich von den Leuten aus Ägypten zu verabschieden. Ich habe eine Story gepostet, und dann kamen 3.000 Leute. Das war wirklich etwas ganz Besonderes.

Noel Robinson in einer traditionellen deutschen Bierstube.
Neue Leute kennenzulernen ist für Noel das Beste am Reisen© Markus Burke/The Red Bulletin

Bist du vor deiner Karriere viel gereist?

Nein, gar nicht. Ich war in ein paar Ländern, natürlich in Nigeria, ansonsten Urlaub mit der Familie in Italien oder so. Aber keine großen Reisen. Ich bin auch nicht der Sightseeing-Typ, muss ich sagen. Ich interessiere mich nicht so sehr für schöne Gebäude. Ich bin eher ein Mensch, der sich unter die Leute mischen und sehen will, wie sie leben. Ich gehe nur zu den Sehenswürdigkeiten, um ein Video zu machen, damit jeder weiß, dass ich in der Stadt bin. Aber ansonsten gehe ich nicht dorthin.

Hast du immer noch Spaß am Reisen?

Ich habe immer noch eine Menge Spaß, aber es ist auch sehr anstrengend geworden. Und das Reisen ist auch ein bisschen normal geworden. Meine erste Reise war nach Brasilien, und ich dachte: "Wow, ich bin in Brasilien, toll! Und jetzt reise ich von hier weiter nach dort und dort. Ich bin immer irgendwo anders, und das ist normal geworden. Dieses Gefühl von "Wow, jetzt bin ich hier" - ich meine, ich bin sehr dankbar - aber die ganze Aufregung und Spannung lassen ein bisschen nach. Wenn man viel gesehen hat, wird es einfach normaler. Deshalb ist es ziemlich anstrengend, aber es macht auch eine Menge Spaß. Man lernt immer noch neue Kulturen und andere Menschen kennen. Es macht also auf jeden Fall immer noch Spaß, sonst würde ich es nicht machen.

Reagieren die Menschen in den verschiedenen Kulturen unterschiedlich auf dich?

Als ich merkte, dass die Menschen in jedem Land dich kennen, war das schon ein verrücktes Gefühl. Wenn ich zum ersten Mal ins Zentrum einer Stadt gehe und dann merke, dass alle auf mich zukommen und Fotos machen wollen. Und in jedem Land ist es anders - wie sie auf dich reagieren. In manchen Ländern schreien sie, in anderen kommen sie auf dich zu und umarmen dich. Es ist in jedem Land anders und ich finde es einfach schön zu sehen, wie unterschiedlich die Menschen diese Liebe ausstrahlen. In Brasilien zum Beispiel kommt es oft vor, dass fünfjährige Kinder auf dich zukommen und dich umarmen. Das habe ich noch nie erlebt, und es ist wirklich schön, so viele verschiedene Kulturen und Menschen zu sehen und zu erfahren, wie sie auf dich reagieren.

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