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Ace4Vince: „Aus Clans sind Unternehmen geworden!“

ALTERNATE aTTax Team-BetreuerWedow überprofessionelle Einstellung und Kooperationen im eSport.
Autor: Alexander Amon
7 min readPublished on
LoL-Team-Betreuer Vincent Wedow.

LoL-Team-Betreuer Vincent Wedow.

© Alternate

Nur noch zwei Wochen bist zu den League of Legends Finalspielen, die aktuell unter Hochdruck von Austrian Force eSports und OOE-eSports vorbereitet werden. Tactical Riot Gaming haben wir euch ja bereits vorgestellt, heute folgt ein weiterer deutscher Teilnehmer – ALTERNATE aTTAx. LoL-Team-Betreuer Vincent Wedow über die Teilnahme, den steigenden Konkurrenzdruck und die richtige Einstellung im eSport-Zirkus.
Kannst du dich bitte kurz vorstellen?
Mein Name ist Vincent “Ace4Vince” Wedow und ich bin zur Zeit für Online-Marketing und Influencer-Marketing bei ALTERNATE zuständig. Zusätzlich zu meinem Hauptberuf bei ALTERNATE betreue ich das League ofLegends Team von ALTERNATE aTTaX. Dies resultiert aus meiner Passion zum eSport und vor allen Dingen brauchten wir einen Betreuer für das Team, der eng mit dem Mutterkonzern verbunden ist, um kurz Kommunikationswege zu ermöglichen.
ALTERNATE aTTax gibt es bereits seit 2003. Was hat sich in den rund 15 Jahren am meisten verändert?
Als ALTERNATE aTTaX damals im eSport begonnen hat, waren wir recht schnell eine der größten und erfolgreichsten Organisationen im eSport. Die professionelle Herangehensweise durch die Einbindung von Mitarbeitern, die bei ALTERNATE arbeiten, haben für eine solide Planung und nachhaltige Denkweise in unserer Organisation gesorgt. Natürlich tragen auch viele weitere Mitarbeiter dazu bei, dass unsere Teams immer 100% versorgt sind und sich auf das Spielen konzentrieren können. Mittlerweile muss man aber ganz klar sagen: Die Konkurrenz schläft nicht. Gaming Häuser sind zum Standard geworden und aus den „Clans” sind Unternehmen geworden.
Bei uns hat sich im letzten Jahren viel im Management getan. Mit Alexander „repps0n” Repp, haben wir im letzten Jahr einen neuen General Manager bekommen, der sich zusammen Niklas „Sliver” Timmermann darauf fokussiert hat ALTERNATE aTTaX wieder zu altem Glanz zu verhelfen. Es wurde in der Zeit davor mit vielen Teams experimentiert. Die Devise unter der neuen Leitung lautet: Langfristig mit Teams zusammen zu arbeiten und Spieler mit uns wachsen zu lassen. Mit dem neuen League ofLegendsLine-Up verfolgen wir genau dieses Ziel, wir haben viele Talente im Kader und sehen großes Potential die nächsten 1-2 Jahre mit den Jungs Erfolge feiern zu können.
Phrenic und Jenax.

Phrenic und Jenax.

© Alternate

Wie viel trainiert ihr?
Wir trainieren täglich 1-2 Scrim Blöcke. Da zwei unserer Spieler noch zu Schule gehen müssen wir hier meist mit einem engen Zeitplan arbeiten. Ein Tag in der Woche ist komplett frei.
Wie im Fußball spricht man auch in eurem Fall aufgrund der Nähe zu Alternate von einem Werksteam. Eine solch lange Kooperation im eSport eher selten. Was ist das Geheimnis für eine solch lange Partnerschaft?
Das Geheimnis dieser Partnerschaft ist an sich ganz einfach erklärt: Wie eingangs schon erwähnt arbeiten Mitarbeiter von ALTERNATE aktiv an dem Projekt mit. Repps0n ist beispielsweise Teamleiter im Einkauf bei ALTERNATE. Ich arbeite im Online-Marketing und Influencer-Marketing. Das bedeutet die eSports Organisation wird als Teil des Gesamtkonstrukts der Firma angesehen und ist für ALTERNATE ein wichtiges Instrument um Aufmerksamkeit zu generieren. Über die Jahre hat ALTERNATE natürlich auch beste Kontakte zur Gaming Industrie aufgebaut und somit hervorragenden Zugang zu weiteren Sponsoren.
Wie seid ihr strukturiert bzw. können manche von euch schon von ihrer eSport-Tätigkeit leben?
Unsere Struktur sieht vor, dass ALTERNATE den General Manager für ALTERNATE aTTaX stellt, um die Verknüpfung zum Konzern so eng wie möglich zu gestalten. Dazu kommen dann eine Vielzahl von Mitarbeitern, die sich um die Teams, die Social Media Auftritte, sowie unsere Homepage kümmern. Wir lieben eSport, daher könnte man davon reden, dass wir davon leben. Allerdings sind wir alle im Grunde „ehrenamtlich” tätig. Wenn unsere Spieler ihren Lebensunterhalt mit eSport finanzieren können und erfolgreich sind, ist das unser Lohn.
Scarface und Reje.

Scarface und Reje.

© Alternate

Wie kommt ihr an neue Spieler? Gibt es eine Aufnahmeprüfung?
Wir sind eine InviteOnly Organisation. Das bedeutet, wenn wir einen Spieler benötigen, hören wir sehr stark auf die bereits im Team tätigen Spieler. Es werden Tryouts gespielt aber von einer Aufnahmeprüfung in Form eines Tests kann nicht die Rede sein. Bewerben kann man sich bei uns in der Regel nicht.
Ihr seid bei der Comic Con Austria eines von vier Teams - alle kommen aus Deutschland, keines aus Österreich. Zwei Folgefragen. Was hat euch als Team an der CCA gereizt? Wenn du das einschätzen kannst: warum glaubst du gibt es kein österreichisches Team im Halbfinale?
Für unser noch sehr junges Team geht es vor allen Dingen darum Erfahrung auf Offline Events zu sammeln. Es ist ein riesiger Vorteil, wenn man in höhere Ligen vorstoßen möchte, dass die Spieler auf der Bühne und vor realem Publikum nicht in Schockstarre verfallen oder vor Nervosität vergessen, dass man League ofLegends mit Maus und Tastatur spielt. Das Preisgeld ist hier natürlich auch nicht ganz unerheblich in der Entscheidungsfindung, allerdings eher Nebensache.
Weshalb keine Teams aus Österreich dabei sind kann ich tatsächlich eher schlecht einschätzen, da ich die Szene in Österreich nicht gut genug kenne. Allerdings sind bei Euronics ja ein paar Spieler aus Österreich dabei. Daher kann es zumindest nicht am Talent oder Können der Spieler aus Österreich liegen.
Wie siehst du die eSports Szene im deutschsprachigen Raum generell, bezogen auf Profispieler, Vereine usw.? Geht es aktuell in die richtige Richtung? Wo gibt es Verbesserungspotenzial?
Aktuell gibt es viele Eindrücke, die mich daran zweifeln lassen, ob wir uns insgesamt im deutschsprachigen Raum auf dem richtigen Weg befinden. Es beginnt damit, dass viele Spieler von Organisationen nicht professionell behandelt werden. Von ausbleibenden Gehältern bis hin zu nicht vorhandenen Verträgen. Es ist für Profi Spieler meist unmöglich eine Sicherheit zu haben, um sich 100% auf ihren Job zu konzentrieren. Diese Missstände sind vor allen Dingen durch ausbleibende Regulierung seitens der Politik und das Fehlen eines Dachverbands für Organisationen und Spieler zurückzuführen. eSport muss anerkannte Sportart im deutschsprachigen Raum werden, ansonsten wird es keinen Schritt zur Professionalisierung bei uns geben.
Aber nicht nur bei den Organisationen an sich gibt es häufig unprofessionelles Verhalten, sondern auch die Spieler verstehen oft nicht, dass es sich bei Ihrer Tätigkeit um einen Beruf handelt. Viele sehen es weiterhin nur als Hobby an und legen Verhaltensweisen an den Tag, die als sehr unprofessionell einzustufen sind. Hier das niedrige Durchschnittsalter als Argument zu verwenden halte ich für äußerst fraglich. In anderen Sportarten schaffen es 17-jährige Spieler auch pünktlich zum Training zu erscheinen und sich in der Öffentlichkeit angemessen zu präsentieren. Hier muss viel Lifecoaching betrieben werden und dafür fehlen oft die Ressourcen.
Das CS:GO Team von Alternate in Action.

Das CS:GO Team von Alternate in Action.

© Alternate

Wie siehst du die Entwicklung von LoL? Bleibt das Spiel weitere 10 Jahre Teil der Szene?
Die Entwicklung bei LoL betrachte ich momentan eher neutral. Ich denke das Spiel als solches ist grandios und wird auch weiterhin ein Hit bleiben. Was mir allerdings Sorgen bereitet ist, dass die Spielerzahlen wachsen, die Viewerzahlen bei größeren Events allerdings schrumpfen und das hat aus meiner Sicht auch damit zu tun, dass viele Fans keine Lust auf ständige Rotation von Spielern zu anderen Teams haben. Man fiebert mit einem Team mit und 3 Monate später trennen sich die Spieler oder die Organisation verkauft den gesamten Slot. Meiner Meinung nach leidet die Attraktivität des Sports darunter, wenn ich meine Fanbrille aufsetze.
Wenn neue Spiele wie zB Overwatch als potenzielle eSport-Titel am Horizont auftauchen - wie reagiert ihr? Sucht ihr schon früh gezielt nach guten Spielern oder wartet ihr ab, bis es große Turniere gibt, für die es sich lohnt zu trainieren?
Das ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Wir haben beispielsweise momentan ein Overwatch Team in unseren Reihen und das seit Release des Spiels. Wir halten in der Regel immer unsere Augen offen. Ob es nun Rocket League ist, was eine riesige Fanbase besitzt und im eSport sehr stark wächst oder noch kommende Titel. Wir wägen immer ab, ob sich ein Investment lohnt. Aber der Fokus ist bei uns momentan ganz klar auf die bestehenden Teams gelegt.
Was sind eure weiteren Ziele in diesem Jahr?
Zu Beginn des Jahres waren unsere Ziele sehr ambitioniert und die Qualifikation für die Challenger Series war das Ziel. Durch die Umstrukturieren des Teams, die nicht zu umgehen war, ist nun das Ziel die ESL Meisterschaft zu gewinnen. Wenn wir das schaffen, wäre ich hoch zufrieden. Alles Weitere wäre eine Zugabe, mit der ich leben könnte.