House-Music Legende Larry Heard
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Music

Das ist die Geschichte hinter House-Music

House ist ein Genre, dass die Clubbing-Szene nachhaltig geprägt hat. Wir werfen einen Blick auf alle Grundlagen, die du kennen solltest, bevor du den Dancefloor unsicher machst.
Autor: Oli Warwick
6 min readveröffentlicht am
Es fällt uns nicht gerade einfach, uns vorzustellen, wie moderne Club-Music heute klingen würde, wäre in den 1980er-Jahren nicht ein neues Genre mit dem Namen House entstanden.
Dessen Wurzeln liegen, wie sollte es auch anders sein, in den Untergrund-Clubs Chicagos und New Yorks und war zunächst vor allem für schwarzes und homosexuelles Publikum gedacht. Bis heute hat sich House-Music diese inklusiven Impulse behalten und ist generationsübergreifend noch heute die bestimmende Kraft unserer Raving-Nächte.
Die Geschichte von House ist lang und kompliziert, mit vielen Sub-Genres, die es zu entdecken gilt. Wir liefern dir den kleinen, aber feinen Überblick.

Was kam vor House-Music?

Vor House kam Disco, das seinen Höhepunkt in den späten 70er-Jahren fand und den Standard der Nachtclubszene setzte. 110-130 bpm, ausgedehnte Rhythmus-Sektionen und Breakdowns sorgten dafür, dass sich daraus die DJ-Kultur – vor allem in New York – entwickelte.
Mit Beginn der 80er ersetzten Synths und Drum-Machines immer mehr die Live-Bands und Orchester, die auf traditionellen Disco-Aufnahmen zu hören waren. Die ersten Electronic-Disco- und „Proto-House“-Tracks wurden übrigens in Clubs wie Paradise Garage und anderen New Yorker Underground-Locations gespielt.

Wann erschien House-Music zum ersten Mal auf der Bildfläche?

Wie viele essenzielle kulturelle Bewegungen, gibt es nicht einen bestimmten Moment, an dem House auf magische Art und Weise plötzlich da war. Das Genre entwickelte sich aus Experimenten im Studio und erlebte seinen Fortschritt im Gleichschritt mit der Innovation neuer DJ-ing Technologie.
Einige fortschrittliche DJs wie Frankie Knuckles und Ron Hardy kombinierten bestimmte Sounds, remixten Tracks mit hinzugefügten Synths und Drum-Machines und testeten diese in ihren Chicagoer-Venues wie The Warehouse und Music Box vor Publikum.
Gerade diese Clubs waren die Orte, an denen sich der einzigartige Mix zwischen heftigen Beats, powervollen melodischen Hooks und nie gehörten Disco-Remixes zu Hause fühlte – alles vor dem Hintergrund der futuristischen europäischen Electronic Music-Kultur. The Warehouse war so einflussreich, dass es weithin dafür bekannt ist, der House-Music seinen Namen gegeben zu haben.

Wie klingt die klassische, frühe House-Music?

Die ersten Aufnahmen, die den „House“-Stempel aufgedrückt bekamen, waren Uptempo-Tracks mit crashenden Drum-Rhythmen aus den prägenden Drum Machines wie etwa der Roland TR-808 bzw. der TR-909. Nicht zu vergessen sind die wummenden, robotischen Basslines aus dem Roland TB-303, die großen Synth-Hooks und die kraftvollen Soul- und Gospel-Vocals.
Den roten Faden bildete nach wie vor der 4/4-Rhythmus auf der Kick-Drum, den Disco zuvor so bekannt und beliebt machte. „Music Is The Key“ von Steve „JM Silk“ Hurley, ein berühmter House-Klassiker aus dem Jahr 1985, ist wohl das beste Beispiel für den klassischen House-Sound.

Woher stammt Acid-House?

Nachdem sich House immer weiter manifestierte, explodierte die Szene regelrecht, da die dazu notwendigen Drum Machines immer zugänglicher wurden. Drei Producer setzten mit ihrer Genialität genau dort an und beschäftigten sich ausgiebig mit dem TB-303 Synth der Low-Price-Schiene. Damit trat ein neues House-Phänomen auf die Bildfläche: Acid.
Die Rede ist von Phuture, eine Crew bestehend aus DJ Pierre, Spanky und Herb J, die mit dem 303 einen außerirdisch klingenden, wahrhaft einzigartigen Sound erzeugten, der die vollen 12 Minuten des klassischen Tunes „Acid Tracks“ gestaltet. Es wird gemunkelt, das Ron Hardy den Track viermal am selben Abend spielen musste, bis das Publikum den seltsamen neuen Sound annahm. Mit seiner Konsequenz hatte er Erfolg und ein neues Sub-Genre war geboren.

Woher stammt Deep-House?

Mit dem frühen House-Sound folgte euch eine einschlägige Entwicklung innerhalb des Genres, die sich „Deep House“ nennt. Es gibt unzählige Künstler, die dabei geholfen haben, diesen reflektierteren und souligeren Musikstrang zu etablieren, doch ist es Larry Heard (auch bekannt als Mr. Fingers), der von den meisten als Pate des Sub-Genres gesehen wird.
An anderer Stelle brachten Künstler wie Masters At Work einige der organischen Live-Elemente von Soul und Disco wieder zurück in die Musik, mit Hauptaugenmerk auf klassische Diven-Vocals. Währenddessen pushten Labels wie Movin‘ Records aus New Jersey eine unglaublich funkige, mit swingenden Drums garnierte, Deep-House-Linie.

Wie entwickelte sich House-Music zu einem internationalen Phänomen?

Die Sounds, die in Chicago und New York entstanden, verbreiteten sich auf der ganzen Welt, verbanden sich mit existierenden Kulturen und brachten unzählige neue, musikalische Wege hervor, um sich auszudrücken. Weitere Stränge des Genres sind etwa das drum-fokussierte Tribal-House, das stimmungsgeladene und melodische Progressive-House oder das experimentelle und auf das Nötigste reduzierte Minimal-House.
In Detroit kollidierte die Liebe zu Electronic-Music, Industrial, P-Funk und anderen Genres mit House, aus dem sich letztlich Techno herauskristallisierte. Techno-Pioniere wie Juan Atkins, Derrick May und Kevin Saunderson pilgerten immer wieder in Chicagoer-Clubs, um ihren neuen Sound vorzustellen.
Im Chicago der 80er- und 90er-Jahre fand auch der rohe Ghetto-House-Style durch Labels wie Dance Mania eine Heimat, wodurch sich letztlich wiederum experimentelle Genres wie Juke und Footwork entwickelten.
Footwork-Pionier RP Boo

Footwork-Pionier RP Boo

© Pawel Zanio / Red Bull Content Pool

Inspiriert von den sonnigen Partys auf Ibiza und der Londoner Warehouse-Szene identifizierte sich vor allem Großbritannien mit House – vor allem mit Acid-House – wodurch sich die letzte große britische Jugendsubkultur herausbildete.
Italo-Disco sorgte dafür, das House auch in Italien Fuß fassen konnte, während in Frankreich vor allem der HipHop-Zugang gewählt wurde, der wiederum neue musikalische Besonderheiten hervorbrachte. Bestes Beispiel: Daft Punk. In Südafrika entwickelte sich Kwaito, ein Genre, das die Elemente von House verlangsamt und die eigene, afrikanische Kultur miteinfließen lässt, während die internationalen Wurzeln von House nicht vergessen werden.
Du siehst: Das Problem mit einem Genre, das so monumental wie House ist, besteht darin, dass ein einfacher Überblick dem Ganzen schlichtweg nicht gerecht wird. Unser Rat besteht deshalb darin, diese Ausführungen als Ausgangspunkt zu sehen, um dich weiter mit House zu beschäftigen. Wir versprechen: Du wirst es nicht bereuen!

Welchen Stellenwert hat House heute?

Die Popularität ist über die letzten Jahre immer größer geworden, weshalb auch das Genre selbst immer in Bewegung geblieben ist. Das Internet hat dabei geholfen, den originalen House-Klassikern mehr Bühne zu geben, die nun wiederum den modernen House-Sound beeinflussen.
Viel wichtiger aber ist noch, dass es nach wie vor Producer gibt, die ihre Innovationen in das Genre einarbeiten und dem Sound immer wieder einen neuen Touch verpassen. Erfolgreiche Acts wie Disclosure verfrachteten das Genre in den Mainstream, doch kommen die spannendsten Auswüchse von House-Music vor allem aus der Indie- und Underground-Ecke.
Von Theo Parrish und Jada G, über Honey Dijon und Motor City Drum Ensemble, bis hin zu Max Graef, Aybee, Floating Points und Jenifa Mayanja – es gibt unzählige DJs, Producer und Musiker, die die Formel von House-Music laufend neu schreiben.